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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Xenĭos; Xenokrătes; Xenophănes; Xenŏphon

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Xenios - Xenophon

Gästen mit nach Hause zu geben pflegten; Martial gab dem 13. Buch seiner Epigramme diese Überschrift. Auch Goethe und Schiller nannten die in Schillers «Musenalmanach für 1797» gegen die Erbärmlichkeiten und Verkehrtheiten der zeitgenössischen Litteratur gerichteten Epigramme in satir. Sinne X. Sie erregten bei den Angegriffenen viel Erbitterung, übten aber auf die Litteratur eine heilsame reinigende Wirkung. Es war eine so durchaus gemeinsame Arbeit, daß beide Dichter selbst ihren Anteil nicht vollständig zu scheiden vermochten. Neu herausgegeben wurden die X. mit Anmerkungen von Ad. Stern als «Goethe-Schillers X.» (in Reclams «Universalbibliothek», Lpz. 1872; 2. Aufl. 1895) sowie nach den Handschriften des Goethe- und Schiller-Archivs von Erich Schmidt und B. Suphan (Weim. 1893). – Vgl. Boas, Schiller und Goethe im Xenienkampf (2 Bde., Stuttg. 1851).

Xenĭos (grch.), der Gastfreundliche, Beiname des Zeus als Schützer des Gastrechts.

Xenokrătes, griech. Philosoph, Schüler des Plato und nach Speusipps Tode sein zweiter Nachfolger in der Leitung der Akademie, die er 25 Jahre lang, bis an seinen Tod (314 v. Chr.), behielt. Er verfolgte die von Plato zuletzt eingeschlagene Richtung einer Verschmelzung der Ideenlehre mit dem Pythagoreïsmus, indem er die Ideen und Zahlen identifizierte, alle Wesen aus dem Einen und der unbestimmten Zweiheit hervorgehen ließ und hierauf eine mythische und mystische Theologie gründete, in welcher die Götternamen als Symbole der Urzahlen galten. Auch die Seele nannte er eine sich selbst bewegende Zahl. In der Moralphilosophie lehrte er nach Sokrates die Identität von Tugend und Glückseligkeit; die letztere bestehe in der dem Menschen angemessenen Tüchtigkeit. – Vgl. Heinze, X. Darstellung der Lehre und Sammlung der Fragmente (Lpz. 1892).

Xenophănes, griech. Dichter und Philosoph aus Kolophon, im 6. und 5. Jahrh. v. Chr., führte, aus seiner Vaterstadt vertrieben, ein Wanderleben, wobei er seine Gedichte selber vortrug. Zuletzt ließ er sich in Elea in Unteritalien nieder. Er bekämpfte mit Erbitterung die menschenähnliche Vorstellung der Götter nach der griech. Volksreligion, insbesondere die Unsittlichkeiten, die sie ihnen andichtete, daß man sie geboren werden und sterben ließ u. s. w. Es giebt vielmehr nur einen Gott, weder an Gestalt noch an Gedanken den Sterblichen gleichartig, eine vernünftige, selbstbewußte, unzerstörliche Kraft. Daneben spricht zwar X. hin und wieder von den Göttern; aber vielleicht bloß in populärer Redeweise. Denn entschieden behauptet er sonst die Einheit des Alls und setzt sie der Gottheit gleich. Diese Einheit dachte er sich nicht sowohl stofflich als kraftartig; im Raume zwar wirkend, aber darum nicht selber räumlich ausgebreitet, oder von Ort zu Ort sich fortbewegend. So lassen sich am ehesten die schwierigen Bestimmungen verstehen, daß das Eine, das zugleich das All ist, im Unterschied von den vielen Einzeldingen (den Körpern), «weder begrenzt noch unbegrenzt, weder bewegt noch ruhend» sei (d. h. nicht irgendwo im Raume mehr als anderwärts, sondern allenthalben gleich gegenwärtig, nämlich in seiner Wirksamkeit). Die Physik des X. ist sehr kindlich; seine Philosophie ist verwandt mit der Anaximanders (s. d.), dessen große Errungenschaften er sich jedoch nicht zu Nutze gemacht hat. Noch werden von ihm skeptische Äußerungen über die Gewißheit unserer Erkenntnis überliefert: Niemand weiß das Wahre; träfe einer es sogar, so könnte er es doch selbst nicht wissen! X. war auch Verfasser von epischen Gedichten und von Spottversen (Sillen, s. d.), die er gegen Philosophen und Dichter richtete.

Xenŏphon, griech. Schriftsteller, der Sohn des Gryllus aus Athen, geb. wahrscheinlich um 430 v. Chr., schloß sich an Sokrates an, dessen treuer und dankbarer Schüler er sein ganzes Leben lang blieb. 401 wurde er bewogen, den Cyrus auf dessen angeblich gegen die Pisider, in Wahrheit gegen seinen Bruder, den Perserkönig Artaxerxes Mnemon, gerichteten Heerzuge zu begleiten. Nach der unglücklichen Schlacht bei Kunara wurde er von den etwa 10000 Mann starken griech. Hilfstruppen zum Anführer gewählt. Unter den größten Mühseligkeiten und Gefahren führte er sie aus dem innern Asien mitten durch feindliche Völkerschaften und unwirtliche Landschaften nach Byzanz zurück, wo er mit ihnen in die Dienste des thrakischen Fürsten Seuthes trat. Da dieser aber das Heer um einen Teil des Soldes betrog, führte X. die Söldnerschar wieder nach Pergamon und übergab sie dem spart. Feldherrn Thimbron, da die Spartaner sie in Sold genommen hatten. Hernach begleitete X. im Frühjahr 396 den spart. König Agesilaus auf dessen Zuge nach Asien, kehrte mit ihm nach Griechenland zurück und war auch in der Schlacht bei Koronea (394) gegen seine eigenen Landsleute in dessen Gefolge. Wenn X. nicht schon früher aus Athen verbannt war, so geschah das damals. Er begleitete Agesilaus nach Sparta. Später ließ er sich in Skillus bei Olympia in Elis nieder und siedelte von da später nach Korinth über, wo er auch nach Aufhebung des Verbannungsdekrets bis zu seinem, im höchsten Alter (um 354 v. Chr.) erfolgten Tode seinen Wohnsitz behielt.

Seine zahlreichen Schriften, an welchen schon die Alten besonders die Einfachheit, Klarheit und Anmut der Darstellung rühmten, Vorzüge, die ihm den Beinamen der «attischen Biene» eingebracht haben, zerfallen in historische und historisch-politische, philosophische und praktische. Unter den historischen ist die bedeutendste die «Anabasis», die Erzählung des Rückzugs der 10000 Griechen, welche er, um unparteiischer zu erscheinen, unter einem fremden Namen (dem des Themistogenes) herausgab, wie er auch von sich immer in der dritten Person spricht. Ferner gehören dahin: die «Hellenika», deren zwei erste Bücher das Geschichtswerk des Thucydides bis zum Ende des Peloponnesischen Krieges fortsetzen, während Buch 3‒7 die griech. Geschichte vom Ende dieses Krieges bis zur Schlacht bei Mantinea (362) vom spart. Parteistandpunkt aus erzählen; die «Cyropädie» (d. i. Erziehung des ältern Cyrus), ein moralisch-polit. Roman, worin das Ideal eines nach Sokratischen Grundsätzen gebildeten Monarchen dargestellt wird, und die kleinern Schriften «Agesilaus» (Lobschrift auf diesen König), «Vom Staate der Lacedämonier» und «Vom Staate der Athener», von denen aber wenigstens die erste höchst wahrscheinlich und die letztere sicher nicht von X. herrührt (diese ist von einem ältern Politiker bald nach dem Beginn des Peloponnesischen Krieges verfaßt). Philosophischen Inhalts sind die «Apomnemoneumata» («Memorabilia Socratis»), denkwürdige Gespräche und Aussprüche des Sokrates, die X. größtenteils selbst aus dessen Munde vernommen haben will; doch geht aus ihrer innern Beschaffenheit wie aus Zeit und Anlaß der Abfassung