Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

985

Zinna – Zinngußwaren

als Schnelllot zum Löten der Weißblechwaren, des Messings u. s. w. angewendet werden. Übersteigt der Bleigehalt eine gewisse Grenze, so können die Legierungen dadurch, daß sie von Säuren und andern chem. Agentien leicht angegriffen werden, der Gesundheit gefährlich werden. Nach dem Reichsgesetz von 1887 darf daher eine zur Herstellung, zum Löten und Verzinnen von Eß-, Trink- und Kochgeschirren benutzte Zinnlegierung nicht mehr als 10 Proz. Blei enthalten. Mit Kupfer und Zink zusammen giebt das Z. Bronze (s. d.). In sehr dünnen Blättchen führt eine Legierung des Zinks mit dem Z. den Namen Schlagsilber oder unechtes Silber. Z., mit Antimon versetzt, bildet das Britanniametall (s. d.). Bemerkenswert ist die krystallinische Struktur, die das Z. selbst in dünnen Überzügen beim Erkalten annimmt. Sie wird beim Anbeizen der Oberfläche in eigentümlichen Figuren sichtbar, die den sog. Metallmohr (moiré métallique) bilden, der seit 1814 nach Allards Entdeckung zur Verzierung von Weißblechwaren benutzt wird. – Vgl. Reyer, Z. Eine geologisch-montanistisch-historische Monographie (Berl. 1881).

Zinna, Marktflecken im Kreis Jüterbog-Luckenwalde des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, 5 km im NO. von Jüterbog, an der Nuthe, an den Linien Berlin-Röderau und Berlin-Leipzig (Station Grüna-Z.) der Preuß. Staatsbahnen, hat (1895) 1512 evang. E., Postagentur, Fernsprechverbindung; Plüsch- und Wollweberei. Friedrich d. Gr. gründete 1764‒77 den Ort als Weberkolonie in der Nähe des Klosters Z., welches 1170 gestiftet, 1547 säkularisiert und 1680 an Brandenburg gekommen war. In dem Kloster wurde 1449 ein Hauptvergleich zwischen Friedrich Ⅱ. und Magdeburg geschlossen, welcher die Lehnshoheit des Erzbistums über brandenb. Besitzungen beseitigte. Auch wurde daselbst 1667 zwischen Kursachsen und Kurbrandenburg der sog. Zinnaische Münzfuß vereinbart, der aber nur für kurze Zeit Geltung hatte.

Zinnaischer Münzfuß, s. Zinna und Münzfuß.

Zinnasche, die nichtmetallische graue Masse, mit der sich geschmolzenes Zinn an der Luft überzieht. Es ist ein Gemenge von Zinnoxyd (s. d.) mit Zinnoxydul und metallischem Zinn.

Zinnblech, s. Blech.

Zinnbrillanten, s. Faluner Brillanten.

Zinnbutter, s. Zinnchlorid.

Zinnchlorīd (Spiritus fumans Libavii), SnCl₄. Zinn verbindet sich unmittelbar mit Chlorgas zu Z., einer farblosen, bei 120° siedenden Flüssigkeit von 2,3 spec. Gewicht. Als wässerige Lösung führt es die Namen: Zinnsolution, Zinnkomposition, Scharlachkomposition, Barwoodkomposition, Blauholzkomposition, Physiksalz, Rosiersalz, Rosasäure. Man erhält es in dieser Form, indem man granuliertes Zinn in kleinen Mengen in Königswasser einträgt. Zinnbutter (Z. des Handels) nennt man die krystallinische Masse, die entsteht, wenn man wasserfreies Z. mit ⅓ seines Gewichts Wasser vermischt; sie findet ebenso wie Z. in der Färberei Anwendung. Die gleiche Anwendung hat das Ammoniumzinnchlorid, SnCl₄·2NH₄Cl, oder Pinksalz. Es entsteht beim Vermischen konzentrierter Lösungen von Z. mit einer konzentrierten Lösung von Salmiak und scheidet sich zum größten Teil beim Vermischen der Lösungen als krystallinisches Pulver aus; der Rest krystallisiert beim Stehen in schönen Oktaedern.

Zinnchlorür, SnCl₂, Zinnsalz, SnCl₂+2H₂O, entsteht beim Lösen von Zinn in heißer konzentrierter Salzsäure. Beim Erkalten der konzentrierten Lösung krystallisiert das Salz. Z. findet in der Färberei Verwendung.

Zinnen (altdeutsch Zingeln), die oberste, von Zwischenräumen oder Scharten unterbrochene oder zackenartige Umfassung auf der Mauerkrone; die Z. dienten in den Befestigungen des Altertums und Mittelalters nach Art der heutigen Brustwehr zur Deckung der Verteidiger. (S. auch Burg.)

Zinnerz, s. Zinn und Zinnstein.

Zinnfeile, s. Feile.

Zinnfolĭe, s. Blech, Folie und Zinn.

Zinngeschrei, s. Zinn.

Zinngießer, auch Kandel- oder Kannengießer, heißen die Metallarbeiter, die sich mit der Herstellung von Zinngußwaren (s. d.) beschäftigen. Im Mittelalter stand das Gewerbe der Z. in hoher Blüte, seit der Vervollkommnung der keramischen Produkte befindet es sich in starkem Rückgange, woran auch die neuerdings wieder in Aufnahme gekommene Herstellung von künstlerisch ausgeführten, gravierten und geätzten Zinngeschirren nicht viel zu ändern vermocht hat. Das Wappen der Z. zeigt Tafel: Zunftwappen Ⅱ, Fig. 16, beim Artikel Zünfte.

Zinngießerei, die Herstellung gegossener Gebrauchsgegenstände aus Zinn (s. Zinngußwaren). Das Verfahren ist schon so alt als die Kenntnis des Zinns überhaupt. Die Leichtschmelzbarkeit und Leichtgießbarkeit, seine schöne weiße Farbe und seine verhältnismäßig große Widerstandsfähigkeit gegen chem. Einflüsse ließen es für die Herstellung der Gußwaren geeignet erscheinen. Selten jedoch benutzt man reines Zinn. In den meisten Fällen legiert man es mit kleinern oder größern Mengen Blei. Dieses ist nicht nur erheblich billiger, sondern verleiht auch dem Zinn eine größere Härte. In Gegenständen aber, welche mit Speisen oder Getränken in Berührung kommen, darf wegen der Giftigkeit des Bleies dessen Gehalt in Deutschland 10 Proz. nicht übersteigen. Wo ein höherer Härtegrad erforderlich ist, als durch einen Bleizusatz erzielt werden kann, fügt man Antimon zu; so entstehen dann jene Legierungen, die man als Weißguß (s. d.), Letternmetall (s. d.), Britanniametall (s. d.) bezeichnet. Das Schmelzen pflegt im Kessel bewirkt zu werden. Die Gußformen bestehen in den meisten Fällen aus Metall: Gußeisen, Bronze oder Messing. Für Zinnsoldaten und ähnliche feinere Gegenstände benutzt man Gußformen aus Schiefer; auch Formen aus gepreßtem Papier finden für einzelne Zwecke Verwendung. Zur Herstellung der Faluner Brillanten (s. d.) dienen Glasstempel, deren entsprechend geschliffene Stirnfläche man einen Augenblick in das nur wenig überhitzte Metall eintaucht. Eine dünne Kruste erstarrten Metalls bleibt daran haften; sie läßt sich mit der Hand leicht abstreifen und zeigt an der Innenseite Hochglanz. – Vgl. Deutsche Zinngießerzeitung (Köln-Lindenthal 1892 fg.).

Zinngraupen, s. Graupen (mineralogisch).

Zinngußwaren, gegossene Gegenstände aus Zinn und dessen Legierungen mit Blei oder Antimon (s. Zinngießerei). Seit dem Altertum wird das Zinn für diesen Zweck benutzt; verschiedene noch erhaltene Z. aus früherer Zeit (Schüsseln, Krüge u. s. w.) besitzen hohen kunstgewerblichen oder kulturgeschichtlichen Wert. Von besonderm künstlerischen Wert sind die aus dem 16. und 17. Jahrh. stammenden