Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Baumwolle'
oder erkünstelte ist. Man wendet sich dort in neuerer Zeit
mehr dem Anbau von Esparto-Gras (Alfa) zu. In Australien
sollen sich Boden und Klima vortrefflich zum Anbau eignen,
aber noch hört man nichts von namhaften Ausfuhren; die dort
viel zu hoch stehenden Arbeitslöhne werden eine günstige
Rechnung nicht zulassen. Somit wird sich die Baumwolllieferung
künftig mehr als bisher auf verschiedene Produktionsländer
verteilen und unter ihnen Ostindien wohl eine Hauptstelle
behalten, obschon es zunächst für einen kolossalen innern
Bedarf zu sorgen hat, da dort die ganze Bevölkerung sich in
B. kleidet. - Über die verschiedenen Arten und Abarten des
Gossypium herrscht viel Unsicherheit. Linné kannte nur 4 Arten,
Lamarck beschrieb deren 8, Decadolle (Anmerkung des Editors: richtig:
Decandolle (= Augustin Pyrame de Candolle,
1778-1841)) schon 13. Sie unterscheiden sich
zunächst als kraut- oder
als strauch- oder als
baumartige Gewächse, die
jedoch, als einem und demselben Geschlecht angehörig, in Blüte
und Frucht im wesentlichen übereinstimmen. Die
krautartige B.,
G. herbaceum, ist die am
meisten verbreitete und wichtigste Art. Sie ist eine meist
einjährige, also jedes Jahr neu zu ziehende Pflanze, jedoch
unter günstigen Umständen auch zwei- oder mehrjährig. Sie
wird 0,5-1,5 m hoch, hat 3- bis 5lappige Blätter und eine
malvenartige blaßgelbe Blüte mit einem purpurroten Fleck im
Grunde. Die dreieckige zugespitzte Samenkapsel von der Größe
einer welschen Nuß ist innerlich in drei bis fünf Fächer
geteilt. Sie wird bei der Reife braun und lederartig, springt
dann von der Spitze her in Lappen auf und läßt die Wolle in
Büscheln hervorquellen. Diese Art wird in Ostindien, Kleinasien,
Europa und auch Nordamerika gebaut und soll nach einigen
Angaben in Oberägypten, Arabien und Senegal heimisch sein;
dies dürfte auch für Ostindien Geltung haben, wenigstens wird
von dort versichert, daß man lediglich einheimische Wolle
kultiviere und alle Versuche mit fremden, namentlich
amerikanischen Sorten fehlgeschlagen seien. Die dort gebaute
und heimische einjährige krautartige Pflanze wird auch von
Einigen als G. indicum
besonders aufgeführt. Von strauchartigen
Baumwollgewächsen sind zu nennen: der langhaarige Baumwollstrauch,
G. barbadense, über
Mannshöhe erreichend, auf den westindischen Inseln wie auf
dem Festland heimisch und schon vor langer Zeit nach den Inseln
Bourbon und Mauritius verpflanzt; er liefert jetzt meistens
die langfaserigen nordamerikanischen Sorten.
G. hirsutum (zottige
Baumwolle), im französischen Westindien und Guiana, auch in
Nordamerika gebaut, ein zweijähriger oder perennierender
Strauch mit Kapseln fast von Apfelgröße und sehr feiner, guter
Faser; G. vitifolium in
Westindien, Brasilien, Ägypten. G.
religiosum ist diejenige Art, welche ausnahmsweise
eine rötlichgelbe Wolle trägt, die in dieser Naturellfarbe zu
dem echten chinesischen Nanking verarbeitet wird. Der
Baumwollbaum, G. arboreum,
endlich, von 4-7 m Höhe, soll in Indien, Arabien und Ägypten
heimisch sein und wird dort, in Spanien und an der Westküste
Afrikas (Senegal) gezogen. Im letzteren Gebiet heimisch ist
G. punctatum, die
↔
getüpfelte B. G. barbadense
ist diejenige Art, welche in Amerika die vorzüglichste aller B.,
die lange, feine Sea-Island liefert. Sie gedeiht aber in ihrer
höchsten Vollkommenheit nur auf dem wenige Meilen umfassenden
Küstenstriche zwischen St. Mary in Georgien und George Town in
Südkarolina, sowie auf den zwei kleinen dieser Küste benachbarten
Inseln, Gegenden, deren feuchter Sandboden und deren mildes Klima
der Kultur besonders günstig sein mag. Das übrige georgische
Gewächs mit kürzerer Faser heißt Upland oder Georgia. Zucht und
Pflege der Baumwollpflanzen erfolgen im allgemeinen dergestalt,
daß man aus gelegten Samen erwachsende Pflanzen bei Zeiten und
wiederholt verstutzt, damit sie nicht über 1,5 m hoch werden,
weil die beste Frucht an den jungen Schößlingen wächst. Hat der
Stamm im folgenden Jahre seinen Ertrag geliefert, so schneidet
man ihn kurz über dem Boden weg und läßt neue Triebe schießen,
mit denen man ebenso verfährt. Der Ertrag mindert sich jedoch
mit jeder Wiederholung merklich, weshalb man eine Pflanzung
meist nur 2 oder 3 Jahre benutzt und inzwischen neue anlegt.
- Die Baumwollpflanzungen im allgemeinen verlangen keinen
vorzüglichen Boden, sondern gedeihen in geringeren, sofern er
etwas sandig ist. Solcher Boden ist aber bald erschöpft. Die
Pflanze gedeiht nicht mehr. Aus diesem Grunde hat der Anbau
der B. in Amerika etwas Nomadisches, indem häufig das ausgesaugte
Kulturland gegen frisches vertauscht werden muß. So ist in dem
früher bedeutende Mengen Wolle erzeugenden Virginien der Anbau
wegen Bodenerschöpfung bereits sehr verringert, in Maryland
schon ganz aufgegeben worden. Frische und großartige Räume
bietet dagegen Texas, das voraussichtlich bald in der Massenproduktion
voranstehen wird. Die alten Baumwolldistrikte haben ihrerseits
in neuester Zeit angefangen, woran sie früher nie dachten,
nämlich große Massen verschiedener Düngstoffe in ihre erschöpften
Ländereien zu werfen, deren Wirkung sich noch herausstellen
soll. Das Anroden neuen Landes kommt eben bei den jetzigen
veränderten Verhältnissen zu teuer zu stehen. Andererseits haben
die Witterungsverhältnisse auf das gute oder schlechte Gedeihen
der Ernten gewaltigen Einfluß. Denn erstens bedarf die Pflanze
bis gegen die Samenreife hin Regen, weil bei Mangel desselben
die Faser zu kurz ausfällt; gegenteilig aber ist Regen, wenn
er in die sich öffnenden Kapseln fällt, ungemein schädlich,
weil die naßgewordene Wolle sich bräunt und wertlos wird. Auch
bei zu langem Belassen am Stocke würde die Wolle schmutzig und
unscheinbar werden, daher ist sie zu pflücken sobald die Kapseln
sich zu öffnen beginnen. Dies geschieht indes nicht bei allen
gleichzeitig; es umfaßt daher die Ernte immer eine längere
Zeitperiode und erfordert viel Aufmerksamkeit und Mühe. Man
pflückt oder zupft die Wolle gewöhnlich mit dem Samen aus und
läßt die Hülsen stehen. Da nun ein Arbeiter im Maximum etwa
25 k B. im Tag einernten kann, so ergibt sich, daß zur Bewältigung
einer Ernte sehr viel Menschen erforderlich sind. Um das Sammeln
wohlfeiler zu machen, sind in Amerika
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 37.