Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Blei - Bleiglätte
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Blei'
von denselben Fundorten, wie den Bleiglanz; vor einigen Jahren
hat man auch in Colorado sehr mächtige und ausgedehnte Lager von
stark silberhaltigem Weißbleierz in Form eines weißen Sandes
entdeckt. Anglesit oder
natürliches Bleisulfat
und Pyromorphit oder
Bleiphosphat kommen nur
selten in so großen Mengen vor, daß sie zur Bleigewinnung
verwendet werden können. Die
Gewinnung des B. aus den
Erzen erfolgt am leichtesten aus dem Weißbleierz, das einfach
mit Kohlenklein gemengt geglüht wird, wobei das metallische B.
abfließt. Zur Gewinnung aus dem Bleiglanze hat man verschiedene
Methoden, deren Besprechung hier zu weit führen würde; sie
beruhen teils darauf, daß man den Schwefel durch Schmelzen mit
Eisen abscheidet, welches den Schwefel aufnimmt; teils darauf,
daß man die Bleiglanze an der Luft röstet und das Röstgut dann
mit Kohle reduziert. In allen diesen Fällen erhält man hierbei
zunächst ein noch unreines, kleine Mengen fremde Metalle
enthaltendes B., welches man
Werkblei, und wenn es
antimonhaltig ist, Hartblei
oder Abstrichblei nennt;
man benutzt es in Schriftgießereien und, wenn es arsenhaltig
ist, zur Schrotfabrikation. Das von fremden Metallen befreite,
reine B. wird raffiniertes Blei
genannt. Das bei den Hüttenprozessen zuerst abfließende B.
ist reiner, als das später erhaltene und wird
Jungfernblei genannt; es
kann in der Regel schon als Handelsware
(Kaufblei) gelten, wenn
es nicht etwa zuvor noch entsilbert werden muß. - Das B. ist
ein weiches, bläulich weiß glänzendes Metall von 11,36 spezif.
Gewicht, verliert seinen Glanz an der Luft bald und bedeckt
sich mit einer dünnen grauen Schicht von
Bleisuboxyd. Der Schmelzpunkt
des B. liegt bei 326° C., bei heller Rotglühhitze beginnt das
geschmolzene B. schon zu verdampfen und in der Weißglühhitze
verdampft es unter lebhaftem Sieden vollständig; infolge dieser
Flüchtigkeit des B. gehen in den Hüttenwerken 6-7 Proz. der
gesamten Bleimenge als sogenannter
Bleirauch verloren, wenn
nicht dafür gesorgt ist, denselben zu verdichten. Beim
Schmelzen an der Luft geht das B. vollständig in Bleioxyd
über. Das metallische B. kann auch kristallinisch erhalten
werden. Man erhält das Blei in Form von Blöcken, auch Mulden
genannt, und Tafeln im Handel. Die Verwendung des B. ist sehr
vielseitig, man benutzt es zur Herstellung von Gußwaren,
Platten (für die Bleikammern der Schwefelsäurefabriken),
Röhren, verschiedenen Legierungen (Letternmetall, Bleilot u.
s. w.), Draht (Bleidraht), und zur Bereitung der Bleipräparate
und bleihaltigen Farben. Die größte Produktion von B. im
deutschen Reiche hat Preußen (über 1¼ Million Zentner jährlich),
dann folgen Sachsen (circa 100000 Zentner), Anhalt und
Braunschweig. Im ganzen deutschen Reiche wurden 1878: 1412540
Zentner B. im Werte von 22973312 Mk. produziert; 1879 dagegen:
1450740 Zentner im Werte von 20188630 Mk. Bleierze wurden
gefördert 1879: 3027340 Zentner im Werte von 18099240 Mk. -
Österreich-Ungarn produzierte 1878: 56112 metr. Zentn. Blei,
1879: 59803
↔
metr. Zentn. Die Bleiproduktion der Vereinigten Staaten
betrug 1875: 53000 Tons, die von England 1877: 61403 Tons.
Rußland produziert jährlich 80000 Pud Blei. Spanien bringt
sehr bedeutende Mengen von B. in den Handel. Rohes B. ist
zollfrei, ebenso Bleiglanz u. Bleierze; - gewalztes B. und
Bleiwaren: S. Zolltarif im Anh. unter Nr. 3 b c u. d.
Bleiblech (Walzblei, franz. Plomb
laminé, engl. rolled lead); zu mehr oder minder dicken
Platten ausgewalztes Blei, die dünnsten Sorten heißen
Bleifolie oder
Bleipapier, 1 Quadratmeter
von nur 0,05 mm Dicke wiegt etwa ½ k, 1 Quadratmeter von 1
mm Dicke wiegt circa 11¼ k. Man erhält die B. im Handel
geschnitten und gewöhnlich gerollt
(Rollblei); verwendet
wird es für die Kammern und Pfannen der Schwefelsäurefabriken,
zum Auskleiden von Holzgefäßen für chemische Fabriken, zu
Isolierschichten und Belegen feuchter Wände
(Tapezierblei). Zum
Verpacken von Schnupftabak und Genußmitteln darf die
Bleifolie nicht mehr verwendet werden. Eingangszoll: S.
Tarif im Anh. Nr. 3 b u. d.
Bleidraht (franz. plomp filé, engl.
spun lead); aus Blei durch Pressen oder Ziehen gefertigter
Draht, er wird von den Bleihütten aus in den Handel gebracht,
besitzt aber nur geringe Haltbarkeit; man verwendet ihn bei
Jacquardmaschinen und zum Dichten zu verschraubender
Maschinenteile; die Gärtner benutzen ihn zum Anbinden. Zoll:
S. Tarif im Anh. Nr. 3 c.
Bleieisencyanür (Ferrocyanblei,
Cyaneisenblei, Plumbum
ferrocyanicum); weißes, in Wasser unlösliches
Pulver, entsteht durch Fällen einer Bleisalzlösung mit einer
Lösung von gelbem Blutlaugensalz und Trocknen des Niederschlags;
derselbe wird in Verbindung mit chlorsaurem Kali in manchen
Ländern als Zündsalz verwendet. - Zollfrei.
Bleiessig (Acetum
Plumbi, Plumbum subaceticum
liquidum); ein pharmazeutisches Präparat, besteht
aus einer wässerigen Lösung von basischem essigsaurem
Bleioxyd oder basischem Bleiacetat. (Vergl.
Bleizucker.) - Zollfrei.
Bleiglätte (Glätte, Bleioxyd,
Lithargyrum, Plumbum oxydatum,
frz. glette, engl. litharge); eine Verbindung von 103 Teilen
Blei mit 8 Teilen Sauerstoff, wird als Nebenprodukt beim
Abtreiben des Silbers mit Blei
(Bleiarbeit) erhalten und
deshalb häufig Silberglätte genannt. Man erhält die B.
entweder in ganzen, aus zusammengeschmolzenen Massen bestehenden
blätterig-kristallinischen Stücken von rötlich-gelber Farbe
oder in Gestalt loser, glänzender Schüppchen, oder endlich in
gemahlenem Zustande als schweres rötlichgelbes Pulver
(präparierte oder
lävigierte Bleiglätte).
Gewöhnlich ist jedoch die B. mit kleinen Mengen Kupferoxyd,
Eisenoxyd, zuweilen auch mit Spuren von Silber verunreinigt,
wodurch sie auch in verschiedenen Farbnüancen erscheint, je
nach Menge und Art dieser Verunreinigungen. Eine weit reinere
B. wird direkt aus reinem Blei dargestellt, indem man dieses
bei starkem Luftzutritt längere Zeit bis zum schwachen Glühen
erhitzt; diese Sorte wird Goldglätte,
Massicot oder
englische
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 58.