Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Blutstein - Bohnen
Blutstein (Rother Glaskopf,
lapis haematites,
lapis sanguineus); eine
harte und dichte, faserig-kristallinische Varietät des
Roteisensteins (natürliches
Eisenoxyd), besitzt eine stahlgraue Farbe und Glanz, gibt
aber ein dunkelrotes Pulver; die ganzen Stücke werden von
Steinhauern als Schreibstift auf Stein verwendet; das Pulver
dient als Polierrot. -
Zollfrei.
Bobbinnet (franz. tulle anglais;
engl. bobbinnet; englischer Tüll, Spitzengrund, Doppeltüll);
ein durchbrochenes auf Maschinen hergestelltes zierliches
Geflecht aus gezwirntem Baumwollgarn, welches in einfacher
Darstellung den mit der Hand geklöppelten Spitzengrund
vollständig nachahmt, bei Anwendung von weitern maschinellen
Mitteln aber auch mit Mustern aller Art versehen werden kann
und dann wirkliche ausgebildete Spitzen, die der Handarbeit
so gefährlichen Maschinenspitzen, bildet. Der in England 1809
erfundene und seither mehr und mehr vervollkommnete
Bobbinnetstuhl ist eine sehr sinnreiche, komplizierte und
nicht wohl zu beschreibende Maschine, die mit einem Webstuhl
nichts gemein hat, deren Arbeitsweise an die Bewegung der
Klöppel beim Handspitzenmachen erinnert. Die Kettenfäden sind
hier senkrecht gespannt;
für das Einarbeiten des Einschlags dienen bei m Kettenfäden
2n-1 Spulen. Diese metallenen Spulen, welche den Scheibenspulen
der Wheler & Wilson-Nähmaschine gleichen, haben den Eintragfaden
in sich aufgewickelt und drehen sich im Ausschnitt einer Platte,
dem Schlitten. Ist die Breite des Stoffs z. B. 2,5 Yards und
sind auf 1'' engl. 24 Kettenfäden vorhanden, so sind 4319 =
2 × 2,5 × 36 × 24-1 Spulen und Schlitten erforderlich. Diese
Schlitten gleiten dicht an den Kettfäden in Führungen, durch
Stößer getrieben, so hin und her, daß jede Spule ihren Faden
um einen Kettfaden herumlegt, dann zum folgenden übergeht und
dasselbe wiederholt u. s. f. So durcharbeiten Tausende dieser
kleinen Organe die Kette fortwährend von einer Zeugkante zur
andern; da aber die Kette dabei auch fortschreitet, so ist der
Arbeitsweg jedes Spulenfadens ein Zickzack durch das ganze
Zeug. Aus der Gesamtwirkung aller Fäden mit der Kette entstehen
sonach sechseckige Maschen, die aber erst ihre ganze Zierlichkeit
annehmen, wenn das Zeug vom Stuhl abgespannt wird, weil dann
die Kettenfäden aus der geraden Linie auch in eine geschlängelte
übergehen. Im Handel kommt der B. in Stücken von 12 bis 20
Yards = 11 bis 17 m in sehr verschiedenen Breiten vor.
Gestreifter B. für Modistinnen zu Damenhutfuttern heißt
Appret; in Streifen gewebt,
die sich auseinandernehmen lassen und Ein- und Besätze geben,
heißt die Ware Entoilagen.
Der größte Teil der früher gebräuchlichen Baumwollgaze und
Pettinet, der handgeklöppelten, gewebten und gewirkten
Spitzen ist durch die Produkte des Bobbinnetstuhls verdrängt
worden. Die Engländer haben mit diesem Fabrikzweig ungeheure
Gewinnste gemacht und sind noch jetzt die ersten am Markt,
doch hat die französische Industrie sich schon zu einiger
Konkurrenzfähigkeit erhoben. In Österreich sind neuerlich
einige
↔
Unternehmungen in Wien u. s. w. in Gang gekommen; in
Deutschland scheint sich, seitdem der Aktienverein im Erzgebirge
gescheitert, nichts wieder regen zu wollen. Verzollung: Roher
ungemusterter B. gemäß Tarif im Anh. Nr. 2 d 1; roher
gemusterter Nr. 2 d 3; gebleichter Nr. 2 d 5; als Gardinenstoff
Nr. 2 d 4; als Nachahmung von Spitzen Nr. 2 d 6.
Bockbier; eine besonders stark
eingebraute Sorte bairisch Bier.
Bocksbeutel; die beste Sorte des
Würzburger Steinweins, welche in eigentümlich gestalteten
kurzhalsigen, stark bauchigen Flaschen versendet wird.
Bockshornsamen (Griechischer
Heukleesamen, Siebengezeitsamen, Hornkleesamen, lat.
semen foeni graeci, frz.
fenu-grec, engl. fenu greck); die Samen einer krautartigen
Pflanze aus der Familie der Legimunosen,
Trigonella foenum-graecum,
welche ihre Heimat in Kleinasien und dem südlichen Europa
hat, in manchen Gegenden Deutschlands und in Polen angebaut
wird. Die bräunlichgelben, sehr harten Samen sind ungleich
vierseitig, glatt, oben und unten abgestutzt. Die gepulverten
B. besitzen einen aromatischen, an Melilot erinnernden Geruch
und schleimig bittern Geschmack; man verwendet das Pulver als
Zusatz zu Kräuterkäse und zu Viehpulvern. - Zollfrei.
Boden- und Gesteinsarten; die
wissenschaftlichere Richtung in der Landwirtschaft hat das
Studium der bodenbildenden Gesteinsarten zum Gegenstand
sorgsamer Forschungen gemacht; für einzelne Landwirte und
besonders für landw. Lehranstalten haben Sammlungen von
solchen und von den aus dem Gestein gebildeten charakteristischen
Bodenarten einen hohen Wert; es gibt sehr verständige
Agronomen, welche solche Sammlungen zum Verkauf zusammenstellen;
sie bilden jetzt einen Gegenstand des Handels; man stellt
sie in passenden Fässern zusammen oder hält Lager davon und
verkauft sie einzeln oder in Partieen. Dem Kaufmann ist zu
raten, wenn er sich damit abgeben will, des Rates Sachverständiger
sich zu bedienen.
Bohnen (frz. fèves, engl. beens);
Bezeichnung für
1) Schmink-Gartenbohne,
Phaseolus, eine über
die wärmeren Gegenden der ganzen Erde in 60 Arten
verbreitete Pflanze, welche bei uns in zahlreichen Sorten
angebaut wird. Die vielblütige Schm.,
Ph. multiflorus, mit
der Feuerbohne (türkische
oder anatolische B.) aus Südamerika findet ihre Verwendung
meist nur als frisches Gemüse, ebenso die
gem. Schm.
(Stangen-, Vitsb., Ph. vulgaris)
mit der Busch- oder
Zwergbohne, aus Ostindien
stammend. Die Mungobohne,
Ph. Mungo, in Ostindien
gehört dort in ihren Samen zu den wichtigsten Nahrungsmiteln
(Anmerkung des Editors: richtig: Nahrungsmitteln),
und hat sich auch nach Afrika und Südeuropa verbreitet.
Die Strahlenbohne
(Ph. radiatus) liefert
in ganz Ostasien von China bis Ostindien die nahrhaftesten
Samen; weniger bedeutend sind die Simlibohne
(Ph. trilobus) und die
Muxbohne
(Ph. Mux), welche beide
in China, Japan, Java und Ostindien vorkommen; von den
Schm. ist die weiße Zwergbohne auch der Samen wegen
bedeutend. -
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 61.