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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Holzgeist; Holzkohle

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Holzgeist - Holzkohle

dann ein leicht in Säcken transportables Material zur Darstellung von Essigsäure. Der rohe H., eine braune, saure, unangenehm teerig und räucherich riechende und schmeckende Flüssigkeit, besteht neben Wasser aus Essigsäure, Holzgeist und kleinen Mengen von Kreosot, Brandharzen und Brandölen, Aldehyd und andern Produkten der Destillation, die hier nur die Rolle von Unreinigkeiten spielen. Die Ausgiebigkeit an den Bestandteilen des Essigs ist verschieden je nach den verschiednen Holzarten und zu einem guten Teil auch nach den Apparaten und der mehr oder weniger guten Leitung der Feuerung. Die meiste Essigsäure enthält das Destillat von Buchen- und Birkenholz. Im allgemeinen wechselt der Gehalt zwischen 5 und 9% Essigsäure. - Der rohe H. dient für sich als fäulniswidriges, auch wohl Motten und andre Insekten abhaltendes Mittel, zur Konservierung von Holz und zum Bestreichen von Fleischwaren (kalte Räucherung). Für Färbereien und Druckereien hat derselbe viel Verwendung zur Darstellung des zu gewissen Farben erforderlichen holzessigsauren Eisens, ferner dient er statt gewöhnlichen Essigs zur Darstellung von Bleizucker, essigsaurer Thonerde und andrer Präparate. (Vergleiche: Essigsäure). Durch Umdestillieren des rohen H. in der Weise, daß nur drei Viertel vom Ganzen abgezogen werden, erhält man den gereinigten oder rektifizierten H., der in der Medizin verordnet wird, aber noch kein reiner Essig ist, denn derselbe riecht immer noch brennzlich und verliert unter Einfluß von Luft und Licht seine anfängliche Farblosigkeit wieder, indem die ihm noch inwohnenden Brenzstoffe durch Sauerstoffaufnahme sich färben und die Flüssigkeit gelblich oder bräunlich erscheinen lassen. Die Reindarstellung von Essigsäure und Holzgeist wird jetzt in sehr großem Maßstabe betrieben. - Zoll: gem. Tarif im Anh. Nr. 25 d 1 bzw. 2; Holzteer zollfrei.

Holzgeist (Holzalkohol, Methylalkohol, Methyloxydhydrat, Carbinol, Formalkohol); ein Bestandteil des Holzessigs (s. d.), aus welchem er durch wiederholte fraktionierte Destillation und weitere Reinigung fabrikmäßig gewonnen wird. Der für gewöhnlich im Handel vorkommende H. ist jedoch stets noch etwas wasserhaltig und die geringeren Qualitäten enthalten auch noch andre flüchtige Beimengungen, die jedoch für manche seiner Verwendungen nicht störend sind. Man verkauft ihn wie den Spiritus nach Prozenten, Tralles, gewöhnlich 95-98%. - Der H. ist eine dem gewöhnlichen Alkohol (Äthylalkohol, Weingeist) ähnliche Flüssigkeit, farblos, brennbar, sehr flüchtig, von eigentümlichen geistigen Geruch und brennendem Geschmack, mit Wasser in allen Verhältnissen mischbar; im konzentrierten Zustande wirkt er giftig, im verdünnten berauschend; er siedet bei 65° und destilliert unverändert über. Die Hauptverwendung findet der H. jetzt zur Darstellung von Jodmethyl (Methyljodür) für die Herstellung verschiedner Anilinfarben; in England benutzt man ihn, wegen der hohen Spiritussteuer, ganz allgemein anstatt Spiritus zum Brennen und zur Bereitung von Lacken, dort wie auch bei uns zum Denaturieren von Spiritus. - Zollfrei.

Holzkohle (lat. carbo ligni, frz. charbon de bois, engl. charcoal). Dieser vielfach nutzbare und wichtige Stoff besteht aus dem größten Teile des im Holze vorhanden gewesenen Kohlenstoffs nebst den mineralischen oder Aschenbestandteilen des Holzes. Kohle bleibt bekanntlich übrig, wenn brennendes Holz gelöscht oder unter solchen Umständen in Brand gesetzt wird, daß die zur völligen Verbrennung des Kohlenstoffs nötige Menge Luft nicht zutreten kann. Auf dieser letztern Maßregel beruht die seit alten Zeiten geübte gewöhnliche Meilerverkohlung. Die Ausbeute an Kohle ist beim Destillationsverfahren begreiflich größer als beim Brennen in Meilern, da im letztern Falle ein Teil des Holzes für die Unterhaltung des Brandes geopfert werden muß; dagegen aber bedürfen die Destillationsgefäße eine mehrstündige äußere Feuerung. Die Destillation ergibt im Maximum etwa 27% Kohle vom Gewicht des lufttrocknen und 28-32% des vorher stark ausgetrockneten Holzes, die Meilerverkohlung etwa 20-23, wenn sie bestens geführt wird. Die Kohlenbrennerei, ein Geschäft, das viel Umsicht erfordert, erfolgt im allgemeinen derart, daß eine aus Scheiten aufgebaute Holzpyramide überall, bis auf eine Öffnung zu oberst, mit einem Mantel von Rasen und Erde umgeben und von der Mitte heraus angezündet wird. Die nötige Luft hat ihren Eingang durch Löcher, welche zu unterst ringsum in den Mantel gestoßen sind; der Brand beginnt von oben und pflanzt sich im Innern allmählich seit- und abwärts fort. Zur rechten Zeit wird die obere Öffnung zugeschlagen und andre Löcher auf halber Höhe eingestoßen, überhaupt so oft neue Löcher eröffnet und alte geschlossen als der gute Fortgang der Operation es erfordert. Es geht somit der Brand immer dem Luftstrome entgegen; die brennbaren Gase, die sich aus dem Holze entwickeln, dienen zugleich zu dessen Verkohlung; herausbrechende Flammen werden immer sogleich unterdrückt. Der fertig gebrannte Haufen wird nicht der freiwilligen Abkühlung überlassen, da die Kohlenmasse dabei noch zu sehr schwinden würde, sondern hier und da aufgebrochen und die mit Haken herausgezogenen glimmenden Stücke mit Wasser oder Sand abgelöscht. Übrigens sind die Vorgänge bei der Verkohlung des Holzes in Meilern und Retorten die nämlichen, nur daß im letztern Falle die brennbaren Gase wegen Luftmangel unverbrannt bleiben und zu anderweiter nützlicher Verwendung abgeleitet werden. Beim Anfeuern des Meilers und der Retorte, wenn die Hitze erst wenig über den Siedepunkt gestiegen ist, entweicht zunächst noch Wasser in Dampfform, welches auch im lufttrocknen Holze noch verborgen steckt. Beim Höhergehen der Hitze beginnt die Zersetzung des Holzes; es werden Wasserstoff und Sauerstoff ausgetrieben, die sich ebenfalls zu Wasser verbinden. Diese Portion Wasser ist also ein Neugebilde. Der Kohlenstoff endlich, obwohl beständiger als jene beiden, wird doch zum Teil in die Zersetzungs- und Neubildungsprozesse mit hineingerissen und es bilden sich nun eine große Anzahl gasförmiger und dampfförmiger Produkte, von denen die letztern durch Abkühlung zu Teer