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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Kakao

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Kakao - Kakao

Plantagen durch Stürme. Aus dem Mutterlande in weite Ferne verpflanzt findet sich der Kakaobaum auf den Inseln Java und Bourbon, doch kommen diese Sorten nicht im Handel vor und sollen auch die Kulturen auf Bourbon wieder eingegangen sein. Die Unterscheidung und Würdigung der Kakaosorten ist überhaupt keine so leichte Sache, um so weniger als der Geschmack, der hierbei eine Hauptstimme führt, nicht überall gleich ist. Während man z. B. in einem Lande die Bohne möglichst „süß“, d. h. von Bitterstoff frei wünscht, findet man anderorts einen gewissen Grad von Bitterkeit angenehm. Was hingegen den Gehalt an fettem Öl anlangt, welcher in sehr ungleichem Maße auftritt, so bildet derselbe stets einen Hauptfaktor zur Wertbestimmung und die teuersten Sorten sind auch die ölreichsten. Diese müssen dann, wenn sie der Schokoladenfabrikant in Verwendung nimmt, ihren Reichtum mit einem gehörigen Zuschlage von geringer magerer Ware teilen. Dieses Öl oder Fett, gewöhnlich Kakaobutter (Butyrum Cacao, oleum Cacao) genannt, bildet 35% bis fast die Hälfte der Kernmasse, der übrige Gehalt besteht aus stickstoffhaltigen Bestandteilen (Eiweiß- oder Proteinsubstanzen), Stärke, Zucker, einen sich rot färbenden Stoff, und als Spezialität etwa ½% eines Alkaloids Theobromin, das sich als ein weißes, in Wasser, Alkohol und Äther sehr wenig lösliches, stark bitter schmeckendes Kristallpulver abscheiden läßt und in seinen erregenden Wirkungen auf das Nervensystem, dem Kaffeïn ähnlich ist. -

Die käufliche Kakaobohne ist spröde, im Innern heller oder dunkler rotbraun, beim Essen von der Beschaffenheit einer fetten Nuß und von schwach zusammenziehendem, mehr oder weniger bitterm Geschmack. Um sie für den Gebrauch vorzubereiten, röstet man sie zunächst in Blechtrommeln über Feuer gleich dem Kaffee, wobei die Schalen platzen und sich ähnlich wie beim Kaffee ein wenig brenzliches Öl bildet, welches der Bohne das Aroma gibt und als zweiter erregender Stoff neben dem Theobromin angesehen wird. Die Bohne ist jetzt spröder, von hellerm Braun; der adstringierende Geschmack ist beseitigt und ein milderer rein bitterer erzeugt. Nach dem Erkalten läßt man die Bohnen durch eine Art grober Kaffeemühle oder einen andern Brechapparat gehen, der die Schalen absondert, den Kern in grobe Stücke zerbricht und die Keimwürzelchen abbricht. Letztere fallen durch ein untergestelltes Sieb, die Schalen werden durch eine Windfege abgeblasen. Die bröcklige Masse ist nun der Stoff, welcher in einfacher Weise in die verschiednen Schokoladen des Handels umgewandelt wird. Durch mechanische Bearbeitung, wie Stampfen, Walzen etc. werden die Bruchstücke leicht in eine feine teigartige Masse verwandelt, wenn zugleich gelinde Wärme dabei angewandt wird, denn das Fett der Bohne schmilzt bereits bei 29-30°. Wenn die Bohnen zu einer so feinen, halbflüssigen Masse zerrieben sind, daß man nichts mehr zwischen den Fingern fühlt, wird die Masse in Formen gegossen, in denen sie beim Erkalten erstarrt; es ist dies die Kakaomasse des Handels. Setzt man der geriebenen noch flüssigen Masse Zucker zu, so erhält man die sogenannte Gesundheitsschokolade. Die gewöhnliche Schokolade enthält außer Zucker noch kleine Mengen Gewürze; für die feineren Sorten verwendet man Vanille, für die geringeren Perubalsam, Zimt, Nelken und Kardamomen. Medizinische Schokoladen enthalten Arzneistoffe, die auf diesem Wege bequemer eingeführt werden oder zur Nährkraft der Schokolade noch eine besondere Wirkung erhalten sollen. So gibt es Isländischmoos-, Caragheen-, Salep-, China-, Zittwer-, Osmazom- (Fleischbrüh-) Schokoladen. Der Form nach wird die Schokoladenmasse nicht nur in Tafeln, sondern auch als Pulver und in reichen Sortimenten von Figuren, Bonbons, Pralines, Plätzchen, Stäbchen und andern Näschereiartikeln feilgeboten. Das Fett der Bohne macht sie für manche Mägen schwer verdaulich; für solche präparieren die Fabriken entölte Kakaomasse (Pulver), die je nach den Sorten der Bohne ebenso verschieden im Preise steht wie die betr. Schokoladen, und etwa die Hälfte dieser kostet. Zur Abscheidung des Fettes kann das heiße Pressen der gerösteten und gepulverten Bohnen dienen, das aber weniger Öl von dunklerer Farbe und stärkerm Geruche gibt, als wenn man das Pulver bei gelinder Hitze mit Wasser kocht und nach dem Erkalten das emporgetretene und talgartig geronnene Fett abnimmt, das durch wiederholtes Umschmelzen geläutert werden kann und eine gelbliche Farbe annimmt. Die so gewonnene Kakaobutter besitzt eine talgartige Konsistenz, einen schwachen feinen Kakaogeruch und milden Geschmack; ihr spezif. Gewicht ist 0,89 bis 0,91; man verkauft sie in Form von Tafeln und benutzt sie zu feinen Pomaden, Salben und Seifen. -

Die Fabrikation von Schokolade war erst als Geheimnis in den Händen der Spanier; später wurde sie vorzüglich in Mailand und Wien betrieben, während gegenwärtig in allen Industrieländern Fabriken, zum Teil sehr große dafür bestehen, in Deutschland namentlich in Wien, Berlin, Dresden, Hamburg, Bremen, Nürnberg, Leipzig, Braunschweig, Frankfurt, Stuttgart, München etc. Der Artikel gehört zu denen, bei welchen vorzugsweise viel von Verfälschung die Rede ist. Bei den billigen Preisen, welche die geringeren Sorten haben, ist dies auch gar nicht anders möglich und muß man Zusätze wie Mehl, Stärke u. dgl. als Verlängerungs- und Verwohlfeilerungsmittel ansehen, so lange sie nicht unpassend gewählt sind. Die meisten Fabrikanten liefern aber jetzt ganz reine Schokolade und solche mit Zusätzen von Mehl etc. nur auf Verlangen oder auch gar nicht. Seit 1878 besitzt der Verband der deutschen Schokoladefabrikanten eine Verbandsmarke, deren Verwendung die Reinheit des Fabrikats garantiert. Zuweilen soll es auch vorgekommen sein, daß man entölte Kakaomasse wieder mit Talg gefettet hat; eine solche Betrügerei gibt sich, wenn sie überhaupt noch vorkommt, leicht durch den Geschmack zu erkennen, da solche Schokolade bald ranzig wird, während das Kakaofett selbst sich in dieser Hinsicht ungemein widerständig zeigt. Die Hülsen der K.-bohnen, die sich in den Fabriken massen-^[folgende Seite]