Schnellsuche:

Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Kautschuk

261

Kautschuk - Kautschuk

ceola elastica abstammend, erscheint in regellosen Brocken und Klumpen sowie auch in dicken Platten, ist dem Wesen nach nicht sehr vom amerikanischen unterschieden, nur, weil in der Sonne, nicht am Feuer getrocknet, hellfarbiger, lichtbraun oder weißgrau. Durch das Zusammenkneten kleinerer Stücke zu größeren zeigt die Schnittfläche einen Wechsel von helleren und dunkleren Stellen. Die Ware ist meist sehr unrein durch beigemengte Fragmente von Rinden, Holzsplitter, Sand und selbst ansehnlichen Steinen. Sie ist auch in der Güte geringer und die Hälfte wohlfeiler als die Paraware, der sie an Festigkeit und Elasticität wesentlich nachsteht. Es finden sich als Handelssorten gewöhnlich Pulo Penang und Singapore genannt; die größten Mengen jedoch werden auf Java gewonnen. Das ganze ostindische Erzeugnis aber hat für Deutschland geringe Bedeutung und geht hauptsächlich nach England und Amerika. Auch Madagaskar liefert jetzt K., es stammt von der Vahea gummifera und wird zu ungefähr 50000 kg jährlich gewonnen. Die Jahresproduktion sämtlicher Produktionsländer an K. wurde schon 1862 auf 4000000 kg angegeben, ist aber jedenfalls jetzt bedeutend höher. Die gegenwärtig allein aus Indien exportierte Menge beträgt 800000 kg jährlich, im Werte von 2300000 Mk., hiervon gehen 600000 kg nach England, der Rest nach Nordamerika. Weit größere Mengen exportiert Südamerika; aus dem Hafen von Para allein wurden schon 1865 an 3500000 kg K. ausgeführt; 1874 empfing England allein 2829000 kg K. aus Brasilien, im Werte von 15 Mill. Mk., ferner 1214300 kg Ule oder Carthagenasorte im Werte von 6 Mill. Mk. und zusammen 2414850 kg aus Britischindien, Afrika, Madagaskar und Borneo, in England also 1874 im ganzen: 6458150 kg. -

Nordamerika ist der stärkste Konsument unter allen Fabrikationsländern, dann folgen der Reihe nach England, Frankreich, Deutschland, welche zwei letztere ungefähr gleichviel verbrauchen. Zur Verarbeitung solcher Massen gibt es in allen genannten Ländern Fabriken, meist in großartigem Maßstabe. In Deutschland sind deren namentlich in Berlin, Wien, Prag, Breslau, Harburg, Leipzig, Hannover und Hamburg. -

Die Verarbeitung des sonst so eigensinnigen Stoffs ist jetzt bei besserer Kenntnis desselben wie gesagt sehr leicht. Die Erfahrung, daß das Gummi sich durch bloßes mechanisches Kneten oder Walzen unter Anwendung gelinder Wärme in einen weichen, fast aller Elasticität beraubten Zustand überführen läßt, in welchem man ihm jede mögliche Form geben kann, also einer Auflösung ganz überhoben ist, brachte die ganze Angelegenheit auf eine neue Grundlage und die Erfindung des Vulkanisierens gab ihr diejenige Vollendung, in welcher sie gegenwärtig dasteht. Das Vulkanisieren besteht bekanntlich in einer Einverleibung von Schwefel in die Masse, die sich mit demselben chemisch verbindet und dadurch wesentlich veränderte, für den Gebrauch höchst günstige Eigenschaften annimmt. Denn während das K. im natürlichen Zustande durch Kälte so erhärtet, daß es ganz unelastisch wird, behält das geschwefelte unter allen gewöhnlichen Temperaturen seine volle Elasticität, wird nicht mehr klebrig, hat in der Wärme seinen natürlichen, sonst beharrlich anhangenden Geruch verloren, und ist unempfindlich geworden gegen Terpentinöl und andre Lösungsmittel. Bei der maschinellen Verarbeitung des K. werden die Flaschen und Blöcke zunächst in siedendem Wasser erweicht und durch Schneidemaschinen, deren Messer durch einen Wasserstrahl immer naß erhalten werden, in kleine Brocken geteilt. Amerikanisches K. kann dann gleich den Knetmaschinen oder Walzen übergeben werden, wogegen das viel unreinere ostindische eine gründlichere Behandlung erfordert. Man läßt dasselbe entweder zwischen Walzenpaaren unter Zufluß von Wasser, das die Unreinheiten wegspült, so oft durchgehen, bis die Masse die Gestalt eines dünnen braunen, vielfach durchlöcherten Papiers angenommen hat, oder man läßt die Stücke, die dann vorher nicht gebrüht sein dürfen, auf einem Holländer gleich in dünne Späne reißen, die auf dem Wasser schwimmen, indes die fremden Stoffe meistens zu Boden sinken. Die weitere Verarbeitung geschieht nun warm, entweder in Knetmühlen oder neuerdings öfter auf Walzwerken, wobei der Arbeiter die Masse beständig vor Augen und in Händen hat. Durch den Druck, welchen die Masse beim Kneten oder mehrmaligem Passieren der Walzen erleidet, wird sie wie gesagt bald weich, unelastisch und bildsam. Wird das Vulkanisieren beabsichtigt, so hat die Einverleibung von Schwefel nunmehr stattzufinden. Man braucht aber auch Platten, Tafeln, Blätter von natureller Masse, und hierfür formt man zunächst Blöcke, indem man die weiche Masse in eiserne Formen füllt und einen allmählich wachsenden Druck darauf ausübt, so stark wie ihn eine hydraulische Presse nur erzeugen kann. Aber dieses Maximum von Druck muß nicht bloß momentan, sondern eine Woche und länger wirken, weshalb man die Formen fest verschraubt aus der Presse nimmt und an einem möglichst kühlen Orte so lange hinstellt. Dieser anhaltende Druck ist unerläßlich, da nur hierdurch die Masse ihren frühern elastischen Zustand wieder annimmt. Aus würfelförmigen Blöcken schneidet man dann auf Maschinen, die mit nassen Messern arbeiten, z. B. die zum Bleistiftlöschen gebrauchten Täfelchen und größere Platten. Sollen dünnere Tafeln und Blätter von beträchtlicher Länge hergestellt werden, so preßt man cylindrische Blöcke und übergibt sie einer Schneidemaschine, auf welcher der Block vom Messer an der Mantelfläche angegriffen und, indem er sich beständig langsam der Schneide entgegendreht und entsprechend hebt, endlich durch den hiermit entstehenden Spiralschnitt in einen einzigen langen Streifen verwandelt wird. Solche Bänder werden dann auch zum Teil weiter in Fäden zerschnitten, die dann natürlich vierkantig erscheinen. Ostindisches K. ist zu solchen Blättern und Fäden nicht verwendbar wegen seines Mangels an Festigkeit. Auch das amerikanische hat nach der gewaltsamen Umwalkung und Pressung ein wenig an seiner ursprünglichen Schnellkraft eingebüßt, dagegen an Gleichförmigkeit seiner Masse gewonnen und