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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Phosphor

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Phosphor - Phosphor

wird, als die Zersetzung beginnen kann. Der P. hat sich während der Destillation in den beiden Vorlagen, am meisten in der ersten, verdichtet und als Klumpen niedergeschlagen, ist aber noch unrein. Früher, bei kleinem Betriebe, reinigte man ihn, indem man ihn, unter Wasser, geschmolzen, durch Sämischleder preßte. Jetzt nimmt man entweder eine zweite Destillation mit dem P. aus einer eisernen Retorte vor, indem man ihn vorher mit Sand mischt, oder wendet irgend ein verbessertes Filtrierverfahren an, oder gibt ihm eine chemische Wäsche mit Chromsäure, indem man ihn unter warmem Wasser mit einem Gemisch von gelöstem rotem chromsaurem Kali und Schwefelsäure behandelt.

Die letzte Operation ist das Formen des P. zu Stangen. Dies geschah früher, indem man die flüssige Masse, die man sich bei allen Manipulationen natürlich immer unter warmem Wasser zu denken hat, mit dem Munde in gläserne Röhren aufsaugte, was für geübte Arbeiter keine Gefahr hat. Die Röhren, deren man eine größere Anzahl zur Disposition hatte, sind oben mit einem eisernen Mundstück und einem gut schließenden Sperrhahn versehen. Sobald beim Ansaugen das dem P. vorhergehende Wasser bis zum Mundstück gestiegen ist, drehte man den Hahn ab und stellte die Röhre in kaltes Wasser. Den erstarrten P. stieß man hernach in Stangenform heraus. In manchen Fabriken bewirkt man das Ansaugen ohne alle Gefahr durch einen auf die Röhren gesetzten Ballon von Kautschuk, der so starkwandig ist, daß er nach dem Zusammendrücken von selbst in seine runde Form zurückspringt. Drückt man ihn vor dem Einsetzen zusammen und läßt ihn darauf frei, so saugt er gerade die passende Menge P. auf. Jetzt hat man Vorrichtungen, bei welchen der geschmolzene P. von selbst in die Glasröhren einfließt.

Der P. wird beim Aufbewahren und Transport immer unter Wasser gehalten und in blechernen, steinernen oder gläsernen Gefäßen, die mit Wasser aufgefüllt sind, aufbewahrt. In Blechgefäßen erhält der P. leicht eine schwarze Haut infolge der Bildung von Phosphormetall, die sich übrigens mit einer Säure abwaschen läßt, auch sind sie leicht dem Zerfressen durch Rost ausgesetzt; dennoch ist dies im Großhandel die gebräuchlichste Verpackungsart, dieselben dürfen jedoch nach dem Eisenbahnreglement nicht mehr als 6 kg P. fassen, müssen gut verlötet und in starken Kisten zwischen Sägemehl verpackt sein. Die Kisten müssen ferner gehörig mit grauer Leinwand emballiert sein, an zwei ihrer oberen Kanten starke Handhaben besitzen, dürfen nicht mehr als 75 kg wiegen und müssen äußerlich als „Phosphor enthaltend“ und mit der Bezeichnung „oben“ versehen sein. Zur Winterzeit wird das Wasser mit Spiritus gemischt, um das Gefrieren desselben und das Springen der Gefäße zu verhüten.

Beim Kleinverkauf werden die Stengel aus ihrem Wasserbade genommen und gleich wieder in ein Glas mit Wasser gesteckt. Auch das etwa nötige Zerschneiden hat unter Wasser zu geschehen. Wasser und P. verhalten sich übrigens auch nicht ganz indifferent zu einander; das erstere, weil lufthaltig, wird mit der Zeit sauer infolge der Bildung von phosphoriger Säure und Phosphorsäure. -

Anstatt der Knochen kann man auch phosphorsäurereiche Mineralien, wie Apatit, Phosphorit u. a. zur Phosphorfabrikation verwenden. In England soll auch der stark eingeführte Bakerguano (s. Guano) nicht, wie man vermutet, allein zu Kunstdünger, sondern zu einem großen Anteil zu P. verwendet werden. -

Der frische oder unter Wasser mit Ausschluß des Tageslichtes aufbewahrte P. hat im Ansehen viel Ähnlichkeit mit weißem Wachs, ist weiß oder gelblich, durchscheinend, bei mittler Temperatur ebenso biegsam, in der Kälte dagegen spröde und brüchig. Er ist in sehr mäßiger Wärme schon schmelzbar, nämlich in Wasser von 44° C. An der Luft kann er gar nicht geschmolzen werden, da er bei dem geringsten Anfange des Schmelzens auch schon in Flammen ausbricht. Bei Luftabschluß erhitzt, gerät er aber erst bei 290° ins Sieden und destilliert dann unverändert über.

Die leichte Entzündbarkeit des P. macht ihn zu einem Stoff, der mit der größten Vorsicht zu behandeln ist; außerdem ist er bekanntlich auch noch ein starkes Gift. Die Wärme der Hand oder eine geringe Reibung kann ihn in Brand setzen; im Sommer kann er sich, an die Luft gelegt, auch im Schatten entzünden. Brandwunden durch P. sind aber höchst gefährlich, da zu der Hitzewirkung auch noch die ätzende der entstehenden Phosphorsäure und die blutvergiftende des P. selbst hinzutreten. Der mit lebhafter Flamme brennende P. stößt dicke weiße Nebel aus, welche wasserfreie Phosphorsäure sind. Wird die Verbrennung in einem Glase mit reinem Sauerstoff vorgenommen, so ist das entwickelte Licht so grell, daß es kaum anzusehen ist, und die Hitze so stark, daß immer das Zerspringen des Glases nahe liegt. Seine Verwandtschaft zum Sauerstoff ist so groß, daß er denselben auch schon bei kühler Temperatur aus der Luft anzieht und dabei im Dunkeln leuchtet. Läßt man z. B. ein Stück P. auf einem Teller in einem kühlen Keller liegen, so findet man nach längerer Zeit nur noch eine aus wässriger Phosphorsäure und etwas phosphoriger Säure bestehende Flüssigkeit. -

Die jetzt so allgemein gebräuchlichen und täglich in Unsummen konsumierten Zündhölzer (s. diesen Art.) nehmen natürlich den größten Teil alles fabrizierten P. in Anspruch. Eine andre Verwendung, früher die hauptsächlichste und auch nicht wenig P. verbrauchende, ist die zum Vergiften von Ratten und Mäusen, wozu bekanntlich ein Gemenge von P. mit Mehlteig oder daraus geformte Pillen (Phosphorpillen) dienen, welche jetzt im großen mit Maschinen hergestellt und namentlich zum Vergiften der Feldmäuse in den Handel gebracht werden. Das Mittel thut gute Dienste, da die Tiere, angelockt von dem eigentümlichen Gerüche des P., die Lockspeise begierig fressen. Freilich thun dies auch nützliche Tiere, namentlich Hühner. Der P. überzieht sich, wenn er in einer hellen Flasche dem Lichte ausgesetzt wird, mit einer roten oder braunen Rinde, die man früher für Oxyd hielt. Professor Schröter in Wien unter-^[folgende Seite]