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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Salpetersaurer Baryt; Salpetersaures Ammoniak; Salpetersaures Bleioxyd

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Salpetersäure - Salpetersaures Bleioxyd

werden kann. Dies letztere ist in reinem Zustande farblos, färbt sich am Tageslicht gewöhnlich gelb und hat ein spezifisches Gewicht von 1,33-1,40 (31-42° Bé.). Das einfache Scheidewasser hat 70-75% Wasser, ist daher weniger energisch wirkend und wiegt 1,19-1,21 (24-30° Bé). Der Verkauf im ganzen geschieht mit Angabe der Grade und sind die gewöhnlichen Stärken 40 und 36°. Sie wird wie die andern Mineralsäuren in großen gläsernen Ballons versandt, die in Körbe eingesetzt sind. -

Die S., wie sie die Fabriken für den großen technischen Konsum liefern, ist für manche Zwecke rein genug, für andre muß sie noch raffiniert werden. Die rohe Säure ist meistens schwachgelb gefärbt, was von Eisen, Untersalpetersäure und Chlorverbindungen herrühren kann. Letztere sind in der Regel vorhanden und stammen von dem hartnäckigsten Begleiter des Chilisalpeters, dem Kochsalz. Vom Eisen abgesehen lassen sich die färbenden Stoffe durch bloße Hitze verjagen; um die Säure farblos herzustellen, erhitzt man dieselbe in steinernen Ballons, die in einem mit Dampf heizbaren Wasserbade stehen, längere Zeit mäßig, wobei jene Stoffe gasförmig durch ein Rohr abziehen. Etwas mit übergerissene Schwefelsäure ist ebenfalls ein gewöhnlicher Bestandteil der rohen Säure und durch die geeigneten Mittel zu entfernen. Chemisch reine Säure (acidum nitricum purum) wird ebenfalls zu manchen Zwecken gebraucht und ist jetzt Handelsartikel geworden. -

S. hat eine äußerst vielseitige Verwendung in der chemischen wie gewerblichen Tecknik, in der Chemie, in kleinern Quantitäten auch zu medizinischem Gebrauch. Eine ihrer ältesten Anwendungen war die zur Scheidung von Gold und Silber, wodurch ihr der alte Name Scheidewasser geworden ist. Aus einer Goldsilberlegierung löst die Säure nur das Silber und läßt das Gold pulverförmig zurück. Die meisten Metalle werden von der Säure gelöst und dient sie daher zur Darstellung verschiedner salpetersaurer Metallsalze. Die Säure ist bekanntlich das Ätzmittel der Kupferstecher, dient zum Abbeizen von Metallen, zum Brünieren von Eisen, bei der Herstellung von Beizen für Hutmacher und Pelzfärber etc.

Sie hat das Vermögen, eine Menge organischer Stoffe gelb zu färben, indem sie dieselben zerstört und, je nach der Natur dieser Stoffe, die verschiedenartigsten neuen Verbindungen bildet. Meistens ist die Wirkung eine oxydierende, wobei Sauerstoff abgegeben wird und salpetrige Säure entweicht. In manchen Fällen geht auch der Stickstoff der Säure in die neue Verbindung mit ein und es entstehen die merkwürdigen Nitrokörper (Nitroglycerin, Nitrobenzin, Pikrinsäure, Schießbaumwolle u. a.).

Von den zahlreichen organischen Körpern dürfte es wenige geben, die nicht durch die Säure teils schon in der Kälte, teils erst in der Hitze eine solche Umwandlung durch Oxydation erfahren, daß sie zu ganz andern Stoffen werden. Der Zersetzungsrückstand ist in vielen Fällen Kleesäure allein oder mit andern Säuren gemengt. Die Schwefelsäuredarstellung gibt ein Beispiel, wie auch die roten Dämpfe von salpetriger Säure, sonst eine üble Nebenerscheinung, einer nützlichen Anwendung fähig sind; sie bilden dort gerade ein Hauptglied in der Kette der Operationen. Unter den einfachen Körpern ist der Phosphor besonders leicht durch S. oxydierbar; das Produkt ist die Phosphorsäure, die von jener nichts als lediglich Sauerstoff an sich genommen hat.

Ein Gemisch der S. mit Salzsäure bildet die Salpetersalzsäure oder das Königswasser (aqua regis), bekannt als das Lösungsmittel für Gold, den König der Metalle, das in gleicher Weise für Platin dient. Die Produktion und der Verbrauch dieser Säure ist ein ziemlich bedeutender, von 1868 bis 1872 stieg z. B. die Produktion in Deutschland von 36300 Ztr. bis 70376 Ztr. im Jahre. Bei der Versendung der roten rauchenden S. gilt die Vorschrift, daß die Flaschen oder Ballons mit einem mindestens ihrem Inhalte gleichen Volumen getrockneter Infusorienerde oder andrer geeigneter trockenerdiger Substanzen umgeben sein müssen. Der Preis der gewöhnlichen S. von 36° Bé. beträgt jetzt circa 45 Mk. pro 100 kg, der von 40° Bé. 52 Mk. Die Einfuhr von S. in das Deutsche Reich belief sich 1881 auf 90000 kg, die Ausfuhr dagegen auf 688200 kg. - Zollfrei.

Salpetersaures Ammoniak (Ammoniaksalpeter, Ammoniumnitrat, Ammoniaknitrat, salpetersaures Ammoniumoxyd, brennbarer Salpeter; Ammonium nitricum, Nitrum flammans; frz. nitrate d'ammoniaque; engl. Nitrate of ammonia); ein in farblosen, wasserhellen, geruchlosen Prismen kristallisierendes Salz, von kühlendem salzigem Geschmack, sehr leicht in Wasser löslich, wird an der Luft bald feucht und zerfließt dann, muß daher stets in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden. Man bereitet dieses Salz durch Sättigen von reinem oder kohlensaurem Ammoniak mit Salpetersäure und Verdampfen der Lösung bis zur Kristallisation. Man hat es auch im geschmolzenem Zustande.

Verwendung findet das Salz in chemischen Laboratorien, ferner zur Herstellung künstlicher Kältemischungen und zur Darstellung von Stickoxydulgas (Lustgas) für Zahnärzte; das Salz zerfällt nämlich beim Erhitzen auf 250° in Stickoxydulgas und Wasser, ohne einen Rückstand zu hinterlassen. Der Preis ist jetzt 175 Mk. pro 100 kg, für das geschmolzene und chemischreine 250 Mk. pro 100 kg. - Zollfrei.

Salpetersaurer Baryt (Barytsalpeter, salpetersaures Baryum, Baryumnitrat; lat. Baryta nitrica, Barium nitricum; frz. nitrate de baryte; engl. nitrate of baryta), ein Artikel des Chemikalienhandels, wird am einfachsten durch Sättigen von Witherit mit Salpetersäure und Abdampfen der erhaltenen Lauge zur Kristallisation erhalten oder durch Zersetzung von Schwefelbaryum mit verdünnter Salpetersäure; weiße, glänzende, in Wasser leicht lösliche Kristalle, sehr giftig, zersetzen sich beim Glühen und hinterlassen reines Baryumoxyd. Man benutzt dieses Salz zur Darstellung verschiedner andrer Salze, sowie auch in der Feuerwerkerei zur Erzeugung von Grünfeuer. 100 kg kosten, je nach dem Grade der Reinheit 70-125 Mk. - Zollfrei.

Salpetersaures Bleioxyd (Salpetersaures Blei, Bleinitrat, lat. plumbum nitricum, frz. nitrate de plomb; engl. nitrate of lead), eines der we-^[folgende Seite]