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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Schießpulver

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Schießpulver - Schießpulver

letztere kommt wieder zu neuer Masse; die Körner werden in luftigen Sälen ausgebreitet, etwas abgetrocknet und sodann in Trommeln von der Beschaffenheit der Mengtrommeln geschüttet. In diesen, sich langsam drehenden Behältern polieren sich die Körner durch gegenseitige Reibung. Das Pulver erhält dann die letzte Trocknung; es liegt im Trockensaal auf gegitterten, mit Wolldecken belegten Rahmen; die Luft wird durch Dampfröhren geheizt und Ventilatoren treiben sie durch die Gitter hindurch. Den Beschluß macht das Absieben des noch anhängenden Staubes, das Sortieren in verschiedne Größen und das Verpacken. Gewöhnlich kommt das Pulver in Fässer, für größere Transporte aber erst in leinene oder lederne Säcke, die in die Fässer gepackt werden. Kleinere Mengen, namentlich Jagdpulver, werden auch in gläsernen oder blechernen Flaschen versandt. Pulverfässer dürfen nie gerollt, sondern müssen, der Vorsicht halber, stets getragen werden. Das Mengenverhältnis der drei Substanzen wird in den verschiednen Ländern nicht ganz gleich genommen. Im Durchschnitt enthalten in 100 Teilen:

Salpeter Kohle Schwefel

Jagdpulver 77 13 10

Militärpulver 75 15 10

Sprengpulver 66 11 23

Ein verstärkter Schwefelgehalt macht das Pulver unempfindlicher für Feuchtigkeit und haltbarer beim Transport, schwächt aber seine Kraft, indem er die Verbrennung verlangsamt; größere Kohlenmenge steigert die Entzündlichkeit, aber auch die Neigung zum Feuchtwerden. Die Eigenschaften eines Pulvers hängen übrigens mehr von der Größe, Gestalt und Politur des Korns und dem Feinheitsgrade der Mischung, als von den Mischungsquantitäten ab. Der bekannte Unterschied in der Verbrennung eines Pulvermehls und gekörnten Pulvers hängt lediglich von der Körnung des letztern ab. Die Zwischenräume zwischen den Körnern gestatten die rasche Fortpflanzung der Entzündung durch die ganze Masse und von der Größe der Körner hängt die Verbrennungsdauer ab. Ein feines Korn bietet eine im Verhältnis zur Masse viel größere Oberfläche als ein grobes und verbrennt somit rascher als dieses; daher ist Geschützpulver grobkörnig, weil man dort eine langsamere Verbrennung braucht, welche nicht sogleich die ganze Spannkraft der Gase auf das Geschoß wirft. Das Schießen mit Geschützpulver aus Handwaffen würde dagegen sehr geringen Erfolg haben, wie umgekehrt Jagdpulver in einem Geschützrohr nur gefahrbringend sein würde. Da das Pulver im geschlossenen Räume brennt, so muß es den hierzu nötigen Sauerstoff schon in sich selbst haben, und er ist in der That im Salpeter enthalten, der ihn unter Umständen leicht abgibt. Wird das Pulver irgendwie entzündet, so ist die Kohle der zunächst feuerfangende Stoff und an ihr entzündet sich auch der Schwefel; beide entreißen aber, um überhaupt brennen zu können, dem Salpeter den Sauerstoff und es findet somit eine plötzliche Umsetzung der sämtlichen Stoffe statt.

Sauerstoff und Kohle bilden kohlensaures Gas, der Stickstoff des Salpeters wird frei und gasförmig und diese plötzlich entfesselten Gase geben die Triebkraft, indes als Rückstand schwefelsaures, kohlensaures und unterschwefligsaures Kali nebst kleinen Mengen von Schwefelkalium und Schwefelcyankalium bleiben. Von den Pulversorten ist das Pürsch-, Jagd- oder Scheibenpulver die feinste, mit Körnern etwa so groß wie Mohnsamen, mehr oder weniger poliert und von rundem Korn. Der glatte und runde Schliff der Pulverkörner macht zwar das Pulver nicht besser, sondern schwerer entzündlich und eckige Körper sind in dieser Hinsicht vorteilhafter, indes ist doch immer das glattere Pulver auch das beliebtere. Kriegspulver wird meistens auf staatlichen Pulvermühlen fabriziert und unterscheidet sich in Musketen- und Geschützpulver. Das erstere ist weniger fein als das Jagdpulver und kaum poliert, das andere sehr grobkörnig und meistens aus eckigen Bruckstücken bestehend; für großes Belagerungsgeschütz hat man prismatisches Pulver, aus regelmäßigen sechsseitigen Prismen bestehend, die von sieben cylindrischen, der Axe des Prismas parallelen Kanälen durchzogen werden. Dem gewöhnlichen Geschützpulver ähnlich und oft noch gröber ist das Sprengpulver für Bergwerke, Steinbrüche, Straßenbauten u. dgl. Bei diesem letzteren kommen die meisten Verschiedenheiten der Zusammensetzung vor. Von solchem Pulver verlangt man in der Regel keine rasche zertrümmernde Kraft, sondern eine langsamere, drückende Gasentwickelung. Nur wenn man in zerklüftetem Gestein zu arbeiten hat, durch welches langsam entwickelte Gase leicht ohne Wirkung entweichen könnten, muß man eine mehr plötzliche, stoßende Wirkung zu erreichen suchen; solche Fälle sind es namentlich, wo neuere chemische Sprengmittel wie Dynamit, Schießwolle u. a., besonders an ihrem Platze sind. - Das S. muß, wenn es gut sein soll, staubfrei sein und wenig oder nicht abfärben, das Korn sei fest und darf nur gleichmäßig, schwach glänzend, die Farbe bleigrau sein. Tief schwarzes Pulver hat entweder einen zu starken Kohlengehalt oder es ist naß gewesen. Die Feuchtigkeit ist überhaupt der größte Feind des Pulvers; es ist schon ein Übelstand, daß es bei der Fabrikation befeuchtet werden muß. Im normalen Zustande soll es nie mehr als 1½% Feuchtigkeit enthalten. Auf Papier verbrannt darf gutes Pulver dasselbe nicht entzünden und nur einen unbedeutenden schwarzen Fleck hinterlassen. Seine Triebkraft wird durch besondere kleine Vorrichtungen, Pulverkraftmesser oder Eprouvetten, ermittelt, wobei ein bestimmter kleiner Gewichtsteil in einem kleinen Mörser abgefeuert wird, um zu sehen, um wieviel ein gewisses Hindernis, gewöhnlich ein aufliegender Hebel, zurückgeschleudert wird. Bei der Verpackung, Versendung und Aufbewahrung des S. muß mit der größten Vorsicht verfahren werden und sind hierbei überall polizeiliche Vorschriften maßgebend. - Zoll: S. ist zollfrei. Mit S. gefüllte Patronen werden nach Beschaffenheit der Hülsen nach Tarif Nr. 27 f 2 und 3 oder 19 d 2 verzollt.