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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Schildkrot; Schlackensteine; Schlackenwolle

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Schildkrot - Schlackenwolle

Schildkrot (Schildpatt, frz. écaille; engl. tortoise-shell, shell of sea-turtles). Unter diesem Namen kommen die hornartigen, aus verdickten Epidermiszellen bestehenden, oberen Platten des Rückenschildes mehrerer Arten von Schildkröten in den Handel. Das gepanzerte Geschlecht der Schildkröten enthält Arten, denen wegen ihres nahrhaften Fleisches nachgestellt wird, indes ihre Schalen keinen oder geringen Handelswert haben, weil ihre Masse dunkel und ohne gefällige Färbung oder sonst mangelhaft ist. Hierhin gehört auch die, ihres wohlschmeckenden Fleisches wegen geschätzte Riesenschildkröte oder Suppenschildkröte (Chelonia Mydas); ihre Schale ist zu dünn und kann nur zu Laternen gebraucht werden. Andre Arten fängt man dagegen nur um des Schildpatts willen; es sind diejenigen, deren Hornpatten klar durchscheinend und buntfarbig, in gelb, rot, braun, schwarz geflammt oder gewölkt sind. Solche Arten leben nur in den Meeren heißer Erdstriche und es werden als die zwei hauptsächlichen genannt die Karetschildkröte (Chelonia Caretta) und die schuppige Schildkröte (Chelonia imbricata). Das beste Schildpatt kommt aus dem ostindischen Inselmeer und heißt je nach den Bezugswegen chinesisches oder ostindisches. Für die letztere Ware ist Singapur der Hauptstapelplatz. Auch im roten Meer wird S. und wie es scheint nicht wenig gewonnen. Es ist in allen Hafenplätzen Handelsartikel und Kairo ist der Hauptmarkt dafür. Die schönsten schweren Stücke vom Roten Meer, mit dunkelgelbem Grund und braunschwarzen Blumen, werden meistens nach Ostindien verkauft. Zum Schildkrötenfang im Roten Meer verbinden sich wenigstens 20 Mann, die in einer Barke eine Rundreise durch die kleinen Inseln des dortigen Archipels machen. Finden sich Anzeichen, daß die Schildkröten irgendwo mit dem Lande, des Eierlegens wegen, Verkehr haben, so wird ein Mann mit Lebensmitteln zurückgelassen, der dem Tier auflauert, ihm den Rückzug nach dem Wasser abschneidet und es bis zur Abholung auf den Rücken legt. Am Schildkrötenpanzer hat die Bauchpatte keinen Wert, sondern nur das Rückenschild; es besteht aus 13 Tafeln, 12 um eine sechseckige Mittelpatte geordnet. Die Patten werden in der Weise abgenommen, daß man die Panzer (oder auch, wie behauptet wird, das lebende Tier) über Kohlenfeuer hält. Durch die Hitze trennen sie sich dabei von der unterliegenden knochigen Partie des Rückenschildes. Es herrschen große Unterschiede in Größe, Ansehen und Qualität der Ware, zumal solche zum Teil auch aus Westindien und Südamerika hergebracht wird; man unterscheidet wenigstens acht Hauptsorten. Ostindien sendet auch nicht lauter Gutes, sondern daneben viel Geringwertiges. Das allerbeste unter den ostindischen Sorten und überhaupt sind die Schalen, welche an den Küsten der Molukken und Neuguineas gewonnen werden. Es sind demnach auch die Preise sehr verschieden; von feinster Ware kostet das kg immerhin etwa 60 Mk. Der Wert hängt, außer von der guten Färbung, besonders auch von der Größe und Dicke der Patten ab. Das S. ist seiner Natur und seinen Eigenschaften nach dem Horn sehr ähnlich, aber von feinerer und kompakterer Masse, nicht so faserig und blätterig, daher politurfähiger wie jenes und darum auch viel teurer. Auch die Verwendung des Stoffes ist bekanntlich dieselbe wie bei Horn: man macht daraus Dosen, Kämme, Messerhefte und zahlreiche andre kleine Gebrauchs- und Galanterieartikel. Hierbei kommt zu statten, daß sich der Stoff in gleicher Weise wie Horn bearbeiten, durch siedendes Wasser erweichen und sich pressen, in trockner Hitze schweißen läßt. Das S. wird übrigens in neurer Zeit ziemlich gut künstlich nachgeahmt, indem man auf weißem Horn, Knochenleim u. dgl. durch Beizen dieselben Farben und Zeichnungen hervorbringt. Der Verbrauch der echten Masse ist daher jetzt auch ein beschränkterer wie früher. Als eine anderweite, geringere Ware kommen in England auch noch turtle Shells, also Patten von eßbaren Schildkröten im Handel vor. - Zoll: Rohe Schildkrötenschalen sind zollfrei. Nur gespaltene oder anderweit zerlegte Stücke und Platten gem. Tarif Nr. 13 d, Polierte Platten und Schildpattwaren gem. Tarif im Anh. Nr. 20 b 1. Künstliches Schildpatt wird wie natürliches verzollt.

Schlackensteine. Aus Schlacke werden gegenwärtig durch Gießen in Formen würfelförmige und auch prismatische Steine gefertigt, die eine schwarzgraue Farbe besitzen und namentlich zum Pflastern von Straßen verwendet werden; hierzu benutzt man die würfelförmigen. Diese Steine sollen sich gut halten und bilden schon einen nicht unbedeutenden Handelsartikel. - Zollfrei.

Schlackenwolle. Mit diesem Namen belegte man ein vor einigen Jahren aufgekommenes Fabrikat, welches aus Hohofenschlacke gefertigt wird und aus untereinander verschlungenen, äußerst feinen, der Glaswolle ähnlichen Fäden besteht. Die Herstellung geschieht so, daß man in einen, etwa 1 cm dick fließenden Strom geschmolzener Schlacke einen Strom gespannten Wasserdampfes eintreten läßt. Hierdurch wird die Schlacke augenblicklich in lauter feine Fäden zerrissen, die in einem hierzu hergerichteten abgeschlossenen Räume aufgefangen werden. Der Durchmesser der feinsten dieser Fäden beträgt nur 0,0004 mm, derjenige der dicksten 0,0056 mm. Die S. ist demnach weit feiner, als die feinsten bekannten Fasern, denn ein isolierter Seidenfaden hat 0,018, ein menschliches Haar 0,07 mm Durchmeser ^[richtig: Durchmesser]. - Man hat die S., da sie ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, als Umhüllungsmaterial für Dampfkessel, Dampfleitungsröhren und Warmwasserleitungsröhren empfohlen, ferner als Füllmaterial für die Zwischenwände der Eisschränke und Eiskeller. Trotz der so trefflichen Eigenschaften dieses Fabrikates erleidet dasselbe aber doch hinsichtlich seiner Verwendung einige Beschränkung; die Hohofenschlacke enthält nämlich häufig etwas Schwefelkalium, welches, wenn die S. beständiger Feuchtigkeit ausgesetzt ist, zersetzt wird und infolge der Einwirkung der Kohlensäure der Luft zur Bildung von Schwefelwasserstoffgas Veranlassung gibt. Auf der Oberfläche der Röhren, die mit solcher S. umgeben