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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Schwefel

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Schwefel - Schwefel

hauptsächlich in Marseille statt. In Verbindung mit Metallen ist der S. weit verbreitet und nicht an bestimmte Gegenden gebunden. Solche geschwefelte Erze werden in der Mineralogie als Kiese, Glänze und Blenden unterschieden, wie z. B. Kupferkies, Eisenkies, Bleiglanz, Molybdänglanz, Zinkblende etc. Bei Aufbereitung derjenigen dieser Erze, welche einen größeren Überschuß an S. chemisch gebunden enthalten, wie z. B. Eisenkies, kann der S. als ein gutes Nebenprodukt gewonnen werden und es geschieht dies auch jetzt mehr als früher und zunehmend in Deutschland und anderwärts, jedoch ohne daß dadurch der Bedarf vollständig gedeckt werden könnte. (Die Produktion von S. im Deutschen Reiche belief sich im Jahre 1881 auf 1239000 kg im Werte von 148550 Mk.)

Es bleibt daher immer noch Sizilien die Hauptschwefelkammer für Europa und selbst für Amerika, denn wenn dort auch in Mexiko aus Vulkanen einige tausend Zentner des Stoffs entnommen werden, so ist dies nur von lokaler Bedeutung, und die mächtigen Lager gediegenen S., welche bei den Vulkanen der Andenkette Südamerikas vorkommen sollen, scheinen ganz unerreichbar zu sein. Auf Sizilien erstreckt sich die Schwefelgegend an der Südküste von Girgenti nordöstlich bis an den Fuß des Ätna in einer Länge von beiläufig 20 Meilen bei 5-6 Meilen Breite.

Man gewinnt das schwefelhaltige Gestein und Erdreich (Thon, Mergel) teils in offenen Brüchen, teils bergmännisch in Stollen. Die Gesteine enthalten durchschnittlich etwa 25% S., die reichsten gegen 50; ist der Gehalt nur 8%, so ist die Bearbeitung unlohnend. Es gibt in jener Gegend etwa 700 Gruben und 50 Schmelzwerke, welche über 20000 Menschen beschäftigen, und es werden mehrere Millionen Ztr. S. gewonnen; ganz Italien soll 6 Mill. Ztr. jährlich erzeugen. Die jährliche Ausfuhr von S. aus Sizilien beläuft sich auf 200-230 Mill. kg. Das meiste hiervon geht nach England, Frankreich, Amerika und Deutschland. Die Ausfuhrhäfen sind Girgenti, Catania und Licata. Außer bei Neapel findet sich S. noch im Toskanischen, auf den Liparischen Inseln, in der Romagna. In letzterer Gegend, wo eine Gesellschaft 8 Gruben besitzt, gewinnt man seit einigen Jahren viel S. Es wurden 1862 bereits 160000 Zentner geliefert, und seitdem ist die Produktion noch fortwährend gestiegen. Raffiniert wird dieser S. meist in Rimini und von dort versandt. -

In neuerer Zeit sind auch Schwefelbrüche eröffnet worden an der Westküste des Roten Meeres. Die dortige Schwefelkompanie, besitzt eine Küstenstrecke von 35 Meilen Länge, teils zu Ägypten, teils zu Nubien gehörig. Der S. bricht dort auf Gängen in schroffen Gipsfelsen, welche den Küstensaum bilden. Es werden 300 Arbeiter und 40 Öfen beschäftigt. Auch hat man in neuester Zeit auf die gewaltigen Schwefellager Islands, die noch gar nicht ausgebeutet werden, aufmerksam gemacht; dort finden sich zwei große Lager, zu Tage liegend, bei Krisuvik und bei Myvatu (im Nordwesten). -

In Deutschland kommt gediegener S. nur auf unbedeutenden Lagerstätten vor; mehr findet sich in Galizien und Kroatien, Steiermark, Ungarn, sodaß die Schwefelgewinnung in den österreichischen Staaten nicht ganz unbedeutend ist und 1875 946625 kg betrug. Die Gewinnung des S. aus Kiesen, wie sie in Böhmen, Schlesien, am Harz etc. betrieben wird, ist eine Destillation der Erze aus thönernen oder eisernen Retorten, wie die Fabrikation des Leuchtgases. Der flüchtig werdende S., von welchem aber immer nur ein Teil gewonnen werden kann, verdichtet sich in Niederschlagkammern tropfbar oder in Form von Schwefelblumen. Bei der Bearbeitung von Eisenkiesen ist es nicht auf das Metall abgesehen, sondern die Röstrückstände (Schwefelbrände) dienen zur Gewinnung von Eisenvitriol (s. d.).

Die Schwefelerzeugung aus Kiesen lohnt nur bei günstigen Umständen, namentlich wo das Brennmaterial wenig kostet, und es ist solcher S. häufig arsenhaltig, daher für viele Zwecke unbrauchbar. Interessant ist eine neue Gewinnungsweise von S., die seit 1873 in Swoszowice bei Krakau eingeführt ist. Dort findet sich erdiger S. in Mergel eingelagert, der durch Extraktion mit Schwefelkohlenstoff ausgebeutet wird. Mit sehr geringem Brennstoffaufwand gewinnt man den gesamten Schwefelgehalt und der Verlust an Schwefelkohlenstoff soll sich auf kaum ½% belaufen, da dieser durch Abdestillieren immer wieder gewonnen wird. Dieser Swoszowicer Extraktionsschwefel wird in Wien mit 10 fl. 90 kr. pro 100 kg jetzt verkauft, ein mit Berücksichtigung seiner Reinheit sehr niedriger Preis. Öfter wird der S. der Erze in andrer Weise nutzbar gemacht, indem man dieselben unter Luftzutritt ausbrennt und die entstandene schweflige Säure in Bleikammern zu Schwefelsäure (s. d.) verarbeitet. Dies geschieht unter andern zu Freiberg. -

Eine nicht unbedeutende Menge von S. wird jetzt auch aus den bei der Sodafabrikation entstehenden Abfällen und Auslaugungsrückständen wieder gewonnen; solcher S. führt den Namen Retourschwefel oder regenerierter S. -

Die Abscheidung des natürlichen gediegenen S. aus seinem Gestein und Erdreich ist eine sehr einfache Operation. Man sondert die reichsten Stücke aus und schmilzt diese besonders in Kesseln bei möglichst geringer Hitze ein. Nachdem die Masse einige Zeit in Fluß gestanden und die fremden Teile sich zu Boden gesetzt haben, schöpft man den S. in naßgemachte hölzerne Kästen und läßt ihn zu Blöcken erstarren. Die ärmern Schwefelsteine erhalten eine eindringlichere Behandlung mit Hitze.

Die auf Sizilien herkömmliche Weise ist die, daß man das Material in Ringgemäuern mit abschüssiger Sohle aufschichtet und bei beschränktem Luftzutritt in Brand setzt. Es verbrennt dabei eine Partie S. und es entstehen lästige Dämpfe von schwefliger Säure; aber die erzeugte Hitze schmilzt doch den größern Teil aus, welcher durch ein Zapfloch an der tiefsten Stelle abfließt. Neuerlich hat man das Verfahren etwas vervollkommt, indem man die Schwefelsteine bloß in großen Pyramiden aufschichtet, diese dick mit Erde bedeckt und unter dieser Decke in Brand setzt. Der S. liefert somit noch immer sein eignes Brennmaterial, aber es wird