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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Tabak

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Tabak - Tabak

Entdeckung von Amerika bei den Eingeborenen sowohl auf den Inseln, wie im Festlande; der Mönch Romano Pano soll zuerst den T. auf St. Domingo entdeckt haben; später benannte man ihn nach der Insel Tabago, vielleicht auch nach der Provinz Tabasco in Mexiko; schon frühzeitig, 1558, kam der T. durch Don Hernandez nach Portugal und Spanien als Zierpflanze, als welcher er noch heute vielfach zu Gruppen benutzt wird (besonders N. grandiflora, N. macrophylla gigantea, N. acutifolia, N. suaveolens (noctiflora) und N. decurrens), und zum Gebrauch für Arzneizwecke. Man verwendete die zerquetschten Blätter bei Verletzungen und Hautkrankheiten und ein aus getrockneten Blättern gefertigtes Pulver, letzteres besonders zum Schnupfen als Prise, auch gegen Kinderkrankheiten etc., zuerst am Hofe - Königin-Wundkraut. -

Durch den französischen Gesandten am portugiesischen Hofe, J. Nicot, kam 1560 der erste Samen nach Frankreich und auch dort wurde das Schnupfen bald Mode und dann die Pflanze nach Nicot benannt. Heutzutage verwendet man nur Tabakextrakt gegen Hautungeziefer und Hautkrankheiten. Die ersten europäischen Raucher sollen virginische Kolonisten, 1554, gewesen sein; Sir W. Raleigh und dessen Matrosen brachten das Rauchen 1587 nach England; durch die Soldaten wurde es bald allgemein, besonders im 30 jährigen Kriege, verbreitet, dann ziemlich rasch, trotz vielfacher Verbote und grausamer Strafen in fast allen Staaten, immer mehr ostwärts eingeführt.

Als Handelsware bauten zuerst die Holländer, 1615, um Amersfoort, noch heute dort der Hauptanbaubezirk, den T., dann 1697 die Pfälzer, 1631 die Sachsen und Thüringer etc. Der Genuß von T. kam immer mehr in Mode und bald erkannten die Regierungen die Machtlosigkeit des Verbotes und fanden es geratener, durch Besteuerung die Mode sich nutzbar zu machen (zuerst unter Jakob I. in England). Mächtiger als das Verbot erwies sich die Sitte; lange Zeit galt es an vielen Orten für nicht anständig, T. zu genießen und noch heute ist das Rauchen in den Zirkeln der hohen Gesellschaft in England verpönt, während in Deutschland der Verbrauch fast am stärksten ist und in allen Kreisen sich findet und in Spanien und Südamerika auch die gesamte Frauenwelt regelmäßig Zigarretten verbraucht; anderwärts liefert die weibliche Bevölkerung nur wenige Konsumenten, doch aber solche in zunehmender Zahl, auch in besseren Kreisen.

Jedenfalls gehört der T. in allen seinen Formen zu den Waren, welche einen sich steigernden Verbrauch zeigen, zumal da, wo die Besteuerung nicht zu hoch und in der Form nicht zu belästigend ist. Besonders Deutschland ist hervorragend durch seine Tabaksindustrie und durch seinen Handel und wird in beiden Richtungen hervorragend bleiben, wenn erst die großen Schädigungen durch die beabsichtigte Einführung des Monopols überwunden sein werden und die Beunruhigung der Interessenten durch nachteilige Steuerreformprojekte normalen Zuständen wieder Platz gemacht haben wird. -

B. Botanisches. Der T. gehört zur Familie der Solaneen oder Nachtschattengewächse, wird meist nur einjährig aus Samen gezogen in Ländern mit mindestens 8-10° mittl. Wärme, am feinsten zwischen dem 35.° nördl. und dem 35.° südl. Breite; er geht aber noch bis zum 62.° nördl. Breite in Europa, südlicher aber nur vereinzelt; er reift in 22-26 Wochen und wird da, wo Klima und Vegetationszeit nicht mehr günstig sind, dadurch noch zur Reife gebracht, daß er in besondern Treibkästen (Tabakkutschen) vorgebaut und dann im Juni und Juli in das Land verpflanzt wird. Der T. wird 1 bis 2 m hoch, hat ästige und verästelte Stengel und massige, durch Drüsenhaare klebrige, wechselständige Blätter mit ungezahntem Rand, nach oben verschmälert, natürlich und mehr noch durch Kultur sehr verschieden in Form, Zahl, Stellung und Stärke der Rippen und Nerven, sowie Stärke der Blattflächen, Eigentümlichkeiten, welche hauptsächlich den Wert für die Fabrikation bedingen.

Die Blüten, am Ende der Stengel und Äste, stehen in Rispen, die Blumenkronen sind trichterförmig, fünflappig mit gefaltetem Saum, gelbrot, rötlich, die Kelche glockig, fünfspaltig, bleibend, die Früchte 2-4fächerige, halb vierklappige Kapseln, welche bis zu 40000 Stück des winzig kleinen, braunen Samens pro Pflanze zu liefern vermögen. Man läßt bei der Kultur die Blüten meist nicht zur Entwicklung kommen und zieht nur wenige Samenpflanzen, in der Regel nur bei Handelsgärtnern. Der T. wird in vielen Varietäten gebaut; guter Samen kostet, je nach der Sorte, für Zierpflanzen 25-50 Pf. pro g, zum landwirtschaftlichen Anbau 4-6 Mk. pro kg. -

Die Pfahlwurzel geht ziemlich tief, treibt aber nur wenige Seitenwurzeln. Die Stengel liefern nur Dung- oder Brennmaterial (Pottasche); das Nutzbare der Pflanze sind bloß die Blätter und Blatttriebe (vgl. Anbau). -

C. Arten und Varietäten. Der Wert des T. ist bedingt durch die Art seiner Verbrennlichkeit, welche hauptsächlich von Boden und Düngung abhängt, in erster Linie vom Kaligehalt in beiden (Gleichmäßigkeit der Verbrennung, Halten der Asche etc.), ferner von der Größe der Blattfläche, von Zahl und Stärke der Blattrippen, vom Geruch (Aroma) und Geschmack des Blattes (im warmem Klima am besten), von dessen Unverletzlichkeit, Stärke und Haltbarkeit, vom Gehalt an den eigentlich wirksamen Bestandteilen und von dem an Mineralstoffen. Guter T. muß gleichmäßig glimmen, doch nicht mit heller Flamme brennen und nicht kohlen. Die Asche soll möglichst lange an den Zigarren halten und rein weiß sein. Jeder gute T. muß einen angenehmen und anhaltenden Geruch verbreiten.

Die Tabake aus Gegenden nördlich der Weinregion sind, zumal auf schwerem Boden, meistens ordinär, die aus südlicheren Lagen (Tropenländern) am wertvollsten und gesuchtesten. Guter Pfeifentabak soll möglichst feinrippig, hell von Farbe, aber nicht matt, zart und glatt und hochfein im Geruch sein. Für Zigarren kommt es auf das Deckblatt, das Umblatt (Rapper) und die Einlage (Wickel) an. Das Umblatt hat die Einlage zusammenzuhalten, das Deckblatt soll die äußere glatte Umhüllung und die Eleganz der Form geben; es darf weder zu groß,