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Zucker - Zuckerrüben
lich nur in den Wintermonaten fabriziert, im Sommer ruhen die Fabriken, und nennt man die Arbeitszeit vom Herbst des einen Jahres bis zum Frühjahre des andern eine Kampagne) nur 145 Zuckerfabriken in Thätigkeit waren, belief sich die Zahl derselben im Kampagnejahr 1879 bis 1880 auf 328, welche zusammen 4805261500 kg Rüben verarbeiteten und dafür 76875459 Mk. Steuer zahlten. Die Menge des produzierten Z. (Füllmasse) war 554409400 kg, aus welcher erzielt wurden: 375718300 kg Rohzucker aller Art, 26957500 kg Saftmelis und 131370900 kg Melasse. Von den 328 Fabriken gewannen nur noch 37 den Saft mittels Fressens, Maceriereris oder Ausschleuderns, 291 dagegen durch das Diffusionsverfahren, während 1871/72 noch 216 Fabriken nach dem Preßverfahren, 18 mit Zentrifugen, 25 nach dem Macerationsverfahren und nur erst 52 nach dem Diffusionsverfahren arbeiteten. Der Fortschritt in der Fabrikationsweise ergibt sich recht deutlich aus der Thatsache, daß im Kampagnejahr 1840/41 zur Herstellung von 1 Ztr. Rohzucker 17 Ztr. Rüben nötig waren, während jetzt nur 10,8 Ztr. hierzu gebraucht werden. Zuckerraffinerien gab es im Deutschen Reiche im Kampagnejahre 1879/80 im ganzen 61, welche 247681900 kg Rohzucker aus Rüben und 135500 kg Kolonialzucker (nur in 2 Fabriken) verarbeiteten. -
Im Dezember 1881 waren im deutschen Zollgebiete 341 Rübenzuckerfabriken im Betriebe, davon in der preußischen Provinz Sachsen 136, in Schlesien 50, in Hannover 29 (ganz Preußen 266), in Anhalt 31, in Braunschweig 29, in Württemberg 5. Vom September 1880 bis Juni 1881 wurden 63192216 und im August bis Dezember 1881: 50627931 m. Ztr. (à 100 kg) Rüben versteuert. - Die hohe Blüte, zu der die Zuckerindustrie in Deutschland gelangt ist, ist eine Folge des besonderen Steuermodus, der zu einer möglichst rationellen und vollkommenen Ausnutzung des Materiales drängte. In Deutschland werden die Rüben, ohne Rücksicht auf den Zuckergehalt, mit 0,80 Mk. pro 50 kg versteuert. Exportfähig wird die deutsche Zuckerindustrie dadurch, daß für den ausgeführten Zucker an der Grenze die entrichtete Steuer zurück vergütet wird (Exportbonifikation). Diese Ausfuhrvergütung beträgt für 100 kg 23 Mk. bei Kandis, 21,60 Mk. bei andern hartem Zucker und 18,80 Mk. bei Rohzucker. Die Steigerung der Ausfuhr von Z. aus Deutschland und die abnehmende Einfuhr geht deutlich aus folgenden Zahlen hervor:
Kampagnejahr. Einfuhr. Ausfuhr.
1871-72: 995106 Ztr. 288086 Ztr.
1872-73: 548827 " 369443 "
1873-74: 594203 " 456932 "
1874-75: 568930 " 240250 "
1875-76: 426489 " 1147820 "
1876-77: 258709 " 1243900 "
1877-78: 179779 " 1980238 "
1878-79: 168978 " 2981940 "
1879-80: 153392 " 2741238 "
(à 50 kg).
Bedeutende Mengen des ausgeführten Z. übernimmt England, ebenso aus Österreich. Letzteres Land (ohne Ungarn) führte in der Kampagne 1877/78: 1922462 Ztr. (á 50 kg) Rohzucker und 918444 Ztr. Raffinadzucker, zusammen also 2840906 Ztr. Z. aus. - Der jährliche Zuckerverbrauch pro Kopf der Bevölkerung beträgt in
^[Liste]
England 20,0 kg
Frankreich 7,5 "
Holland 7,0 "
Belgien 7,0 "
Deutschland 6,5 "
Schweden-Norwegen 6,25 "
Dänemark 5,7 "
Spanien 3,25 "
Portugal 3,25 "
Österreich 2,0 "
Rußland 1,0 "
Die Wertbestimmung der Zuckersorten des Handels geschieht, nach Feststellung des Wasser- und Aschegehaltes, mittels des Polarisationsapparates, von dem man verschiedne Arten hat, deren Beschreibung hier zu weit führen würde. - Die Durchschnittspreise waren 1880 für 100 kg Rohzucker, 96% Polarisation, 66,57-68,98 Mk., für Raffinade, ff. Melis 80,70 Mk., Ia Brot: 86,25 Mk. Die Usancen beim Zuckerhandel sind für Rohzucker in Braunschweig, Köln, Magdeburg und Stettin: excl. Sack, netto Tara, 3 Monate Ziel; in Hamburg incl. Sack, 12% Tara (1% Gutgewicht) mit 1% Dekort gegen bar; in Halle, September-Februar: incl. Sack, 3 Monate Ziel, März-August, excl. Sack, netto Tara drei Monate Ziel, ferner für Raffinade: in Braunschweig, Halle, Köln, Magdeburg und Stettin, excl. Faß, Papier für Z., 3 Monate Ziel; in Hamburg, excl. Faß, Papier für Z. mit 1% Dekort gegen bar. - Zoll: Raffinierter Rohr- und Rübenzucker, sowie dergleichen Rohzucker von Standart Nr. 19 und darüber, Nr. 25 x 1 des Tarifs; andrer Rohzucker Nr. 25 x 2. Stärkezucker, Glykose, Nr. 25 u. Karamel und Milchzucker Nr. 5 i.
Zuckerrüben (Zuckerrunkel, Beta vulgaris rapacea saccharifera; engl. Sugar Beet-rave, White French Sugar B.; frz. betterave saccharifère, betterave blanche à sucre, blanche de Silésie), durch Kultur gewonnene Abart der Runkelrübe (Dickwurz, Mangold, Beißkohl, römisch. Spinat, Burgunderrübe, Rungkraut - Beta Cicla L., engl. Sicilian white Beet-Thick leaved B., frz. betterave de Sicilie, Unterart der Runkel, Beta; engl. Beet Root, frz. bette, betterave, poirèe, Gemüse und Futterpflanze, Garten- und Feldpflanze, angebaut in der Hauptform Mangold, B. vulgaris var. Cicla, von welcher die Blattrippen und Blattstiele, weiß, gelb, rot, ähnlich wie Spargel bereitet, gegessen werden (mit den Abarten Schnitt kohl und rote Rübe), und B. vulgaris var. rapacea, die Futter- und Zuckerrunkel, beide in vielen Varietäten gebaut. Die Futterrunkel bildet eine der wichtigsten Hackfrüchte für den Landwirt, weil sie, abgesehen von ihrer Bedeutung für die Winterfütterung, eine der besten Vorfrüchte für Winter und Sommergetreide ist; sie kann sehr viel Dünger vertragen und gibt durchnittlich bei guter Kultur 500 kg Ztr. (bei mehrmaliger