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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

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Abriss der allgemeinen Chemie.

bei unmittelbarer Berührung, weshalb der Eintritt eines chemischen Vorganges dadurch begünstigt wird, dass die auf einander einwirkenden Stoffe flüssig oder gasförmig und deshalb beweglicher sind (Auflösen, Schmelzen, Verdampfen). Auch wird die Affinität fast stets noch durch die Mitwirkung anderer Kräfte beeinflusst. Wie jede chemische Vereinigung mit einer Wärmeentwickelung verknüpft ist, benutzt man vielfach die Wärmezufuhr, um chemische Zersetzungen, Umsetzungen und Vereinigungen zu veranlassen. Ebenso können durch Einwirkung des Lichtes ebensowohl chemische Vereinigungen (z. B. von Chlor und Wasserstoff), als auch chemische Zersetzungen (z. B. von Chlorsilber) hervorgerufen werden, und auch die Elektrizität bewirkt theils chemische Vereinigung (z. B. von Wasserstoff und Sauerstoff), theils chemische Zersetzung (z. B. Fällen der Metalle aus ihren Salzlösungen).

56 Gewichtstheile Eisen und 32 Gewichtstheile Schwefel geben genau 88 Gewichtstheile Schwefeleisen, und aus 200 Theilen Quecksilber und 32 Theilen Schwefel erhält man genau 232 Theile Schwefelquecksilber oder Zinnober. Es lässt sich also mittelst der Waage nachweisen, dass die Menge eines Elementes, welches in die verschiedensten Verbindungen aufgenommen und aus ihnen wieder abgeschieden wird, dabei weder vermehrt noch vermindert wird, sondern völlig unverändert bleibt. Zuweilen scheint es, als ob bei chemischen Vorgängen eine Substanz vertilgt würde. Sa bleibt beim Verbrennen von Holz und Kohle nur eine ganz geringe Menge Asche zurück und der Haupttheil der Substanz scheint vernichtet zu sein; werden aber die unsichtbaren, gasförmigen Verbrennungsprodukte gesammelt und gewogen, so lässt sich beweisen, dass auch bei Erscheinungen dieser Art keine Vernichtung des Stoffes stattfindet. Diese ganz allgemein beobachtete Gesetzmäßigkeit bildet eine der Hauptgrundlagen der Chemie und wird als Prinzip von der Erhaltung des Stoffes bezeichnet.

Während man Schwefel und Eisen in jedem beliebigen Verhältnisse mischen kann, treten diese beiden Elemente zu einer chemischen Verbindung nur so zusammen, dass auf je 56 Theile Eisen immer genau je 32 Theile Schwefel kommen. Jeder Ueberschuss des einen oder des anderen der beiden Stoffe bleibt unverbunden und behält seine früheren Eigenschaften. Man hat nun ermittelt, dass überhaupt alle Elemente sich unter einander nach gewissen, ein für alle Mal feststehenden Gewichtsverhältnissen verbinden. Zwar vereinigt sich nicht selten ein Element auch mit verschiedenen Mengen eines anderen, aber diese verschiedenen Mengen stehen unter einander in ganz einfachen Verhältnissen; die grösseren Mengen sind Mehrfache (Multipla) der kleinsten Menge, z. B. 28 Theile Stickstoff verbinden sich mit 16, oder mit 32, oder mit 48, oder mit 80 Theilen Sauerstoff, aber nicht mit einer anderen beliebigen Menge Sauerstoff. Man bemerkt leicht, dass die Zahlen 32, 48, 80 ganze Vielfache von 16 sind. Das Gesetz der multiplen Proportionen lautet demnach: Die Elemente verbinden sich unter einander nach be-^[folgende Seite]