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Handbuch der Drogisten-Praxis

Gustav Adolf Buchheister, Verlag von Julius Springer, Berlin, 3. Auflage, 1893

Zweiter Theil

Die Herstellung der gebräuchlichen Handverkaufsartikel.

Schlagworte auf dieser Seite: Parfümerien

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Parfümerien.

erreichen zu können; häufig ist gerade das Gegentheil der Fall und es ist oft unglaublich, welche von einander verschiedene und nicht zu einander passende Gerüche in den gegebenen Vorschriften zusammen gewürfelt werden.

Früher waren wir für den Bezug feiner Parfümerien, mit alleiniger Ausnahme des weltberühmten Kölnischen Wassers, fast nur auf Frankreich angewiesen, ausser welchem höchstens einige Londoner Fabriken in der Bereitung von Spezialparfüms einen wirklichen Ruf genossen. Diese Verhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten ausserordentlich geändert, und es giebt heute in Deutschland eine grosse Anzahl Fabriken, welche ihre Erzeugnisse dreist den französischen an die Seite stellen können. Nur in Einem sind wir Frankreich immer noch tributpflichtig und das sind die sog. Blüthenextraits, der unentbehrlichen Grundlage aller feinen Parfümerien. Erst durch sie sind wir im Stande einem Parfüm jenen eigenthümlichen ätherischen Duft zu verleihen, welcher den Blumengeruch charakterisirt. Diese Verhältnisse würden sich sofort ändern, wenn irgend eine unserer grossen Fabriken von ätherischen Oelen, wie Schimmel & Co. u. A. m., die Extraktionsmethode aufnehmen würde um, aus bei uns gedeihenden Blumen, Extraits nach französischer Art anzufertigen. An Blüthen dazu fehlt es uns wahrlich nicht, so würde z. B. der überall gedeihende falsche Jasminstrauch, Philadelphus coronarius, uns ein Jasminextrakt liefern, welches gleich dem französischen Extrait de Jasmin, als Grundlage für die meisten Parfüms dienen könnte. Ein Gleiches gilt von der Blüthe unserer falschen Acacie, Robinia pseudo Acacia.

Es sei hier gleich bemerkt, dass lange nicht alle Blumen-Extraits, wie sie aus Frankreich zu uns kommen, den Blüthen entstammen, nach welchen sie benannt werden. Weitaus die meisten von ihnen sind künstliche Nachbildungen aus verschiedenen Blüthen-Extraits mit Zuhilfenahme von ätherischen Oelen und anderen Riechstoffen. Wirklich einfache, nur aus den betreffenden Blüthen hergestellte Extraits sind wohl nur Extrait de Jasmin, aus den Blüthen von Jasminum odoratissimum, Extrait de Cassie, von Acacia Farnesiana, Extrait de Tuberose, von Polianthes Tuberosa, und Extrait de Violette, von Viola odoratissima. Aber selbst bei diesem letzten Extrait wird schon künstlich nachgeholfen, denn eine gute Nase kann den Zusatz von Moschus leicht herausfinden. Auch Extrait de Rose und Extrait des fleures d'Orange sind wohl nur selten ganz reine Blüthenprodukte. Die übrigen, wie Extrait de Lilas (Flieder, Holunder, Syringe), Extrait de Giroflé (Levkoyen,) Extrait d'Heliotrope, de Reseda, de Lys (Lilien) und viele Andere mehr sind Kunstprodukte, die wir gerade so gut nachbilden können als die Franzosen.

Schliesslich fügen wir noch hinzu, dass die Franzosen mit dem Ausdruck "Extrait" nur die spirituosen Auszüge der durch Enfleurage oder Extraktion bereiteten Blüthenpomaden verstehen, während die ätherischen Oele mit Essence bezeichnet werden. So ist also unter Extrait de rose