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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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die unitas, Einigkeit und Eintracht, der Zweite ist l und stellt der Gesetze (legum) Beobachtung dar, der dritte ist m und zeigt das Maß (modum) in allem, auch in der Beobachtung aller Gesetze, an, der vierte ist a und weist auf den Anfang (ad principium), nämlich Gott hin und führt dazu, dem Göttlichen nachzugehen, ohne das anderes nicht bestehen kann, wie offenbar ist. Endlich enthält dieser Name die zwei Silben ul und ma darum, daß Ulma gegründet worden ist ad ulciscendum malum, um das Übel zu strafen und gewissermaßen als von den Alten eingesetzte Bestraferin der Übel. Oder, wie andere glauben, ist die Stadt nach ihrer Gründung vom Erfolg Ulma genannt worden. Denn wie die im Sumpf festgemachte Ulme nicht vermodert und im Gegenteil zu Stein sich verhärtet, so nannten die Alten, da sie sahen, daß diese Stadt trotz der Härte des Bodens zunehme und Überfluß habe, sie wegen der Fortdauer ihres Bestandes Ulm. Oder gaben sie ihr deswegen den Namen Ulm, weil sie auf Pfählen von Ulmen ihre Mauern gründeten, da in dem sumpfigen Boden kein fester Grund vorhanden war, weshalb vor der Erneuerung der Mauern auf der Ostseite Pfähle im Wasser gesehen wurden, auf welchen die Masse der Türme und die Last der Mauern ruhte.

Als anderen Anfang der Stadt Ulm führt der gemeine Mann an, daß, als einst an der damals waldigen Stelle der Stadt jemand jagte, er an der Stelle, wo jetzt die Kirche zum heiligen Kreuz ist, einen gewaltigen Hirsch fing, auf dessen Stirn er ein goldenes Kreuz fand; deshalb errichtete er daselbst eine Kapelle zum heiligen Kreuz 1) und gründete daneben einige Wohnhäuser, und so wuchsen diese Gebäude im Lauf der Zeit zu einer Stadt heran. Man glaubt aber, daß hier die Pfarrkirche gewesen sei, weil, wo man auch im Umkreis grabe, überall in Menge zusammengeworfene Gebeine Gestorbener gefunden werden.

Welchen Anfang nun aber auch diese Stadt Ulm genommen haben mag, dem, der alles einzeln erwägt, ist bekannt, daß sie sehr alt ist, und wenn auch nach der Kenntnis Unwissender gesagt wird, daß sie neu sei, so können wir für ihr hohes Alter mehrere Zeichen annehmen (pag. 16). Das erste aus dem Zusammenfluß der Gewässer. Denn es fließt die Iller und die Blau in die Donau und es entsteht gleichsam ein Kreuz aus den Flüssen: es streckt nämlich die Donau von Westen nach Osten den Stamm aus, die Iller bildet von Mittag her den rechten Arm, die Blau aber von Norden den linken, und Ulm steht gleichsam über dem Kreuze selbst angeheftet, und wie wir durch das Kreuz alles Gute empfangen und das Himmlische mit dem Irdischen verbunden wird, so werden durch Ulm mittelst des Flusses die Güter des Vaterlandes herbeigebracht und die Oberen mit den Unteren verbunden. Denn da oberhalb Ulm die Donau lucht schiffbar ist, so ist sie fast unnütz, aber in Ulm durch die genannten Flüsse vermehrt, wird sie durch die Schiffahrt für Schwaben, Baiern und Östreich nützlich und fremde Waren werden auch abwechslungsweise zu Land herbeigeführt. Deswegen behaupten alle, welche Länder und Gewässer beschreiben, Ulm sei am Kopf der Donau; denn sie sind der Ansicht, daß die Donau da anfange, wo sie anfangt nützlich und schiffbar zu sein. Nach diesen Schriftstellern nun führe ich an, daß, solange Schwaben, Baiern und Östreich bewohnt wurden, so lange Ulm eine Stadt war; delm als Haupt eines solchen Flusses, von dem die genannten Länder beschützt werden, konnte nicht ohne Stadt sein; da die Menschen von Anfang an in Verbindung mit einander gestanden sind, darum wurde mit Rücksicht auf diese Verbindung für das Zusammen-^[folgende Seite]

1) Auf dem Weinhof, wo jetzt das Schwörhaus steht.