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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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auf dieser Seite befestigt war. Auch das dritte, nämlich das Gögglingertor, durch das man nach Gögglingen geht, befestigten sie mit einem festen und hohen Turm. Und nachdem dies geschehen, konnten sie schließen und öffnen, wenn sie wollten. Denn die Stadt hatte am Anfang der Erweiterung nur die eben genannten 3 Tore, aber im Verlauf der Zeit wurden noch andere Tore gebaut, nämlich das Gänstor, das Neue Tor und das Metzgertor, das eigentlich keines ist. Es war aber (pag. 33) ein weiter Raum in der Stadt und nur wenig Volk für einen solchen Raum, jedoch täglich strömten Adelige und Reiche herbei und verbesserten die Stadt. Auch wurde das ganze Dorf Schweickhofen mit allen Häusern und Menschen in die Stadt verlegt, so daß nicht ein Haus noch ein Mensch draußen blieb. Daher rühren noch heute viele sehr alte Häuser in Ulm von diesem Dorf her und der meiste Nachwuchs im gemeinen Volk stammt ursprünglich von diesem. Aber auch die Dörfer Offenhusen und Pful mit andern Höfen rissen ihre Häuslein ein, führten sie nach Ulm und bauten sie dort wieder aus. Überdies nachdem die Stadt, die Burg und die Herrschaft Albeck in die Gewalt der Ulmer gekommen war, verlegten sie den Wochenmarkt, der daselbst an jedem Samstag gehalten wurde, nach Ulm, indem sie das Kaufhaus auflösten, und brachten es nach Ulm und in ihm werden jetzt die Waren niedergelegt und gewogen; dieses Hans wird gewöhnlich die Gredt 1) genannt und stand früher in Albeck. Und so hatte Ulm durch den Einzug der Bauern an Menschen, Gebäuden und Reichtum nicht unbedeutend zugenommen und daher wurde vielleicht die Gelegenheit ergriffen, daß Ulm ein Reichsdorf (imperii villa) genannt wird. Zudem verlegten diejenigen, welche von den Mauern nicht eingeschlossen in den Vorstädten wohnten, ihre Hauser in die Stadt. Und so stand die Stadt viele Jahre lang in beständigem Wachstum. Angefangen aber wurde ihr Wiederaufbau und Erweiterung im Jahr des Herrn 1140 oder darum herum, und sie nahm beständig sehr zu. Auch den Spital, der früher vor dem Gögglingertor stand, verlegten sie in die Stadt an die Mauer, damit er in der Nähe des Wassers wäre, in das der Schmutz gelassen werden könnte. - Hierauf im Jahr des Herrn 1229 kamen nach Ulm die Minderen Brüder (Franziskaner) von Gmünd und baten, daß ihnen ein Platz zur Errichtung eines Klosters angewiesen werde; ihnen gaben die Bürger einen geräumigen Platz neben dem Löwentor der alten Stadt und wiesen ihnen den Turm selbst (pag. 34) mit der alten Mauer ebendaselbst an und Platz zu einem geräumigen Garten. Dort also begannen sie zu bauen und zu wirken. Nicht lange nachher folgten den Minderen Brüdern die Schwestern der heiligen Clara und baten, daß auch ihnen ein Platz innerhalb der Gräben der Stadt gegeben werde; ihnen gaben die Bürger auf dem Gries (Arena) einen geräumigen Platz, und sie wurden "Schwestern der heiligen Clara aus dem Gries" genannt. Diese wurden auch begleitet von Schwestern von der dritten Regel des heiligen Franziskus, die von Beuren kamen, wo sie ein Haus angefangen hatten; diesen wurde ein Platz gegeben an der Seite der Mauer der Minderen Brüder, weil dort ein geräumiger und leerer Platz war. Denn die Kirche der heiligen Jungfrau war dort nicht, noch auch der Kirchhof, auch war daselbst kein Platz für den Handel, sondern Gärten, welche den Minderen Brüdern und den Schwestern von Beuren neben ihnen gegeben worden waren; deren Haus stand an der Stelle, wo jetzt die Werkstätte der Steinmetzen aus dem Kirch-^[folgende Seite]

1) Waghaus, wo jetzt die Hauptwache ist. Siehe Haid, Ulm etc. S. 275.