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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Neithart

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nach Ulm auswandernd nützten sie dem dortigen Gemeinwesen sehr durch ihre Güter und die Personen, die sie dahin brachten: unter ihnen waren sehr tüchtige Kriegsleute, von denen einige in Reutlingen, einige in Ulm bei den Predigern, einige in der Pfarrkirche begraben wurden. Von dieser Familie haben wir in Ulm würdige und verständige Männer, Bürgermeister, Richter, Ratsherren und Inhaber hoher Ämter gesehen.

Neithart.

Die adelige Familie der ansehnlichen Herren Nithart in der Stadt Ulm hat, soweit man durch menschliches Studium wissen kann, ihren Ursprung bei den Norikern, einem einst von Armenien herkommenden sehr alten Volk der Bayern; Nithart wurde sie, wie wir glauben, genannt, nicht nach den Fehlern des Zorns, Hasses und Neides, da es friedliebende, von Natur gesellige, menschenfreundliche und mitteilsame Menschen sind, sondern vielleicht nach einem besonderen Schicksal oder nach einer hervorragenden Tätigkeit oder wenigstens glühendem Eifer um die Gerechtigkeit. Denn wer immer von den übrigen vom Glück begünstigt oder vor anderen tätig oder eifrig (pag. 94) ist, wird bald nicht wenige Feinde haben, die einen solchen Mann jähzornig, von Haß erfüllt und blaß vor Neid nennen werden; und dies, glaube ich, ist dieser Familie geschehen. Als nun diese Familie unter den Norikern sich vermehrte und in verschiedenen Gegenden verbreitete, kam einer von ihr mit seiner kleinen Familie nach Bibrach; hier kam er empor, verlegte seinen Wohnsitz nach Ulm und wuchs dort zu einer bedeutenden Familie heran. Diese Familie aber kommt zwar den vorangehenden und folgenden gleich an Adel des Geschlechts und des Blutes, übertrifft aber alle unendlich an Adel des Geistes, der hervorgeht aus Anlagen zur Wissenschaft und sicherer Erfahrung; denn ich weiß nicht, von welchem Genius begünstigt diese Familie es erreicht hat, daß von ihr so viele und bedeutende Männer von den Wissenschaften erleuchtet von Alters her bis jetzt erglänzten, so daß es fast unglaublich scheint und wie ein staunenswertes Wunder berichtet wird. Denn diese Familie hatte und hat noch heute mehrere ausgezeichnete Meister der Künste in Wissenschaften, Theologen, Kanoniker, Gesetzeskundige, Juristen, Geschichtschreiber, von denen wir im geistlichen Stande große Kanoniker von Kathedral- und Kollegiatkirchen, Vikare von Bischöfen, Propsteiverweser, Dekane, Kuratoren und Rektoren großer Parochien gesehen haben. Im weltlichen Stand aber haben wir von denselben manche Bürgermeister von Reichsstädten, Leiter von Gemeinwesen, Protonotare in geschäftsvollen Kanzleien von Fürsten und Städten gesehen, ferner siegelnde Amtmänner (consignatores a commentariis), Sekretäre, Richter und Senatoren. Und um besonders von großmächtigen Sprößlingen dieser Familie zu reden und meinen Vorsatz kund zu tun, muß ich erwähnen, daß vor wenigen Jahren in Ulm der ausgezeichnete Herr Hainrich Nithart Protonotar der Stadt war. Dieser hatte viele Söhne, die fast alle zu so berühmten Männern heranwuchsen, daß sich alle verwunderten; und es war eine gemeine Rede in Schwaben, daß die Söhne dieses genannten Herrn Hainrich fähig wären mit ihrer Weisheit und ihrem Fleiß das Reich zu regieren, und man sagte, daß es in einem ganzen Königreich nicht so viele und so bedeutende Gelehrte gebe, als dieser eine Mann an seinen Söhnen gehabt hat. Denn der eine, Hainrich genannt, war Meister der Künste und Wissenschaften in Prag vor dem Fall Böhmens und Doktor beider Rechte, Leutpriester in Ulm