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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Von dem sechsten Stand der Bürger in Ulm, den Handwerkern

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und Chayrus (Kairo) in Ägypten; mit den syrischen Städten Damaskus, Berutus (Beirut) und Tripolis (Tarabulus); Famagusta und Nikosia auf Cypern; Constantinopel und Capsa 1) in Griechenland; Venedig und Genua in Italien; Gebennis 2) und Lyon in Gallien sind allen durch Geschäftsleute bekannt. Ebenso verbreitet niemand mehr als die Geschäftsleute den Ruf von Köln, Frankford, Nüremberg, Augsburg und Ulm. Es hat nämlich Franken Nüremberg gleichsam als sein Warenhaus, Bayern Augsburg, Schwaben aber hat unser Ulm, das mit bekannten und fremden Waren gefüllt und voll von den tätigsten Geschäftsleuten ist, durch deren Scharfsinn fast ganz Schwaben die gewünschten Waren genießt. Ulm ist, wie gesagt (pag. 122), durch den Schweiß seiner Kaufleute zu solcher Höhe erhoben worden, und könnte heute nicht bestehen ohne die Sorge seiner Geschäftsleute. Denn diese Bürger von den vier vorhergenannten Ständen und die von den zwei folgenden könnten nicht leicht die Länder besuchen zum Einkauf der Waren, deren jeder nach seiner Stellung bedarf, und sie haben auch nicht die Regsamkeit und Erfahrung dazu. Denn den geistlichen und kirchlichen Personen ist es nicht erlaubt, Handel zu treiben, den Adeligen und Kriegsleuten kommt es nicht zu, den Geschlechtern und Bürgern des dritten Standes ist es nicht ersprießlich, den Handwerkern und andern fehlt es an Zeit dazu; deshalb sind für das Gemeinwesen die Kaufleute notwendig, deren es in der Ulmer Gemeine eine bemerkenswerte Anzahl gibt; und unter ihnen sind viele nicht minder ehrbare und berühmte Familien als die vorhergenannten im vierten Stand: so z. B. die alte Familie des Namens Slicher (Schleicher) die ehemals der Landwirtschaft ergeben in dem Dorf Sweickhofen vor Ulm schwitzte, aber nachdem sie aus dem Dorf mit ihren Häusern und Personen in die Stadt übergesiedelt war, ihre Tätigkeit auf bürgerliche Beschäftigungen ausdehnte und zu einer reichen, ehrbaren und glücklichen Familie wurde, in der wir zu unserer Zeit nicht nur glückliche Kaufleute gesehen haben, sondern auch ausgezeichnete Doktoren und einen Ulmer Theologen und Stadtpfarrer. So auch die Familien Hunstetter, Rottengatter, Kamerstein, Gußgustat, Wirtenberger, Liebhart, Hutzen, Lupen, Schricher, Strempflin, Bremen, Nachbur, Offemer, Rüll, Griesinger, Kobolt, Weikmann, Gerst, Ritzmann, Leschabrand (pag. 123), Krafft uff der Braiti, Tailfinger, Widersatz und viele andere, die nur nicht einfallen oder deren Namen ich nicht weiß. Aus diesen Familien sind manche Zunftmeister, Richter, Ratsherren, Senatoren, Einunger, Fünfer, Stadtschreiber und durch ehrbare Ämter Berühmte.

Kap. 6.

Von dem sechsten Stand der Bürger in Ulm, den Handwerkern.

Der sechste Stand der Bürger in der Stadt Ulm besteht aus der Mannigfaltigkeit der Handwerker, von deren Menge und Mannigfaltigkeit ich fast nichts im Besonderen zu sagen weiß, erdrückt von der Last einer solchen Menge; auch ist es nicht nötig, auseinanderzusetzen, wie dieser Stand das Gemeinwesen erhält und wiederherstellt, da dies jeder an sich und seinem Haus deutlich merkt. Gibt es keine Handwerker mehr, wo sind dann Häuser, Wohnungen, Kleider und Decken? wo alle dem Menschen nötigen Werkzeuge? Mit solchem Eifer aber verrichten die Handwerker in Ulm ihre Geschäfte, daß die Kunstwerke der Ulmer überall teurer und wertvoller sind, weil keiner zum Meister in irgend einer Kunst gemacht wird, er müßte denn durch die

1) Veesenm.: Auf der Insel Cerigo die bedeutende Handelsstadt Capsali. 2) Veesenm.: Vielleicht für Geneva (Genf).