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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

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und bezeichneten auch ihre Gräber nicht mit Beifügung ihrer Wappen und besetzten weder die Wände noch die Steine des Klosters mit ihren Bildern, wie die Jetzigen es machen. Und so demütig hinterließen sie ihr Andenken, daß es bei mehreren in Zweifel gezogen wird, ob es die Grafen von Kirchberg gewesen seien oder nicht. Ich glaube jedoch ohne Bedenken, daß es die verständigen, erlauchten und gottesfürchtigen Grafen von Kirchberg gewesen sind, die gar wenig darum sorgten, daß ihre Namen in ihrem Gebiet genannt würden. In den vergangenen Jahren aber sind, wie ich gehört habe, Urkunden in Ottenbüren aufgefunden worden, in denen die Namen der beiden Grafen von Kirchberg Otto und Hartmann standen.

Der erste Abt dieses Klosters war ein heiliger und überaus frommer Mann, Herr Werner von Ellerbach, 1) edel von Geschlecht und noch weit edler durch seine Frömmigkeit. Weil dieser Abt sehr fromme Mönche unterhielt, war er von vielen gottergebenen Jungfrauen gebeten worden, er möchte auch ein Kloster oder eine Klause für sie neben seinem Kloster bauen. Ihren Bitten nun geneigt, schuf er zur Seite des Klosters eine Klause, in der lange Zeit eine Vereinigung (congregatio) frommer Jungfrauen neben der Kapelle der hl. Jungfrau Maria war, die heute noch auf dem Kirchhof steht, in dem die Begräbnisstätte der genannten Schwestern war, unter denen viele heilig gewesen sein sollen. Denn von Alters her bis auf die neueste Zeit besuchen viele Leute aus Ulm und andern Bezirken diese Kapelle zu Ehren der drei Jungfrauen, die man die drei heiligen geheimen oder verborgenen Jungfrauen 2) nennt. Es blieb aber diese Kongregation der Schwestern in emsigem Dienst Gottes bis zum Abfall der Brüder, und als diese in der Frömmigkeit lau wurden, löste sich die Kongregation der Schwestern auf. Denn die Brüder begannen da und dort Gesellschaften zu besuchen und sich unter sie zu mischen, besonders mit den Brüdern ihres Ordens vom Kloster Reichenau, die den Genüssen in Ulm sich hingaben und die von Wiblingen und Elchingen einluden, daß sie ihre Gehilfen in der Verschleuderung der Güter von Reichenau wären, die sie in Ulm hatten. Und in solche Schamlosigkeit gerieten (pag. 177) die Mönche, daß sie an Schauspielen der Weltlichen, Lanzenstechen, Tänzen und Hochzeiten teilnahmen. Und es stand die heilige Frömmigkeit des verewigten Benedikt fast überall stille unter solchem Leichtsinn bis auf die Zeit, als von der Menschwerdung des Herrn 1412 Jahre gerechnet wurden, in dem Jahre da ein neues Gestirn zu leuchten anfing, nämlich der hochberühmte Mann Herr Ludwig Bembus, ein Patricier von Venedig, vom Orden des hl. Benedikt, der eifrige Männer seines Ordens um sich sammelte, die besonders fromme Kongregation der hl. Justina in Padua gründete und die in ihren Bauten und kirchlicher Zucht gesunkenen Klöster wieder aufrichtete und reformierte. Nach dem Beispiel nun dieses ansehnlichen Mannes, des Herrn Ludwig, begannen viele Klöster in der Welt durch ihre Prälaten und Äbte reformiert zu werden; unter diesen legte zuerst in ganz Schwaben der ausgezeichnete Mann Herr Ulrich Hablitzel die Hand an den Pflug und reformierte sein Kloster in Wiblingen im Jahr des Herrn 1435, 23 Jahre nach der ersten Reformation, die in Padua bei Sankt Justina in Kraft trat, als die ersten Reformatoren noch am Leben waren. Welche Schwierigkeiten aber dieser ehrwürdige Pater Ulrich bei der Reformation seines Klosters wegen des Wider-^[folgende Seite]

1) Ellerbach = Erbach, Schloß der Freiherrn von Ulm-Erbach.

2) Drei Mädchen von Toulouse bestatteten den Leichnam des hl. Saturnius. Dafür mußten sie selbst das Leben lassen. 14. Oktober ca. 250. (Kerler, Patronate der Heiligen.)