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Biblische Real- und Verbal-Handkonkordanz

M. Gottfried Büchner, E. Ch. Lutz, H. Riehm, Verlag von Ferd. Riehm, Basel, 1890

Exegetisch-homiletisches Lexikon über alle Sprüche der ganzen heiligen Schrift für Geistliche, Lehrer, Sonntagsschullehrer und die Familie.

Schlagworte auf dieser Seite: Aergerniß

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Aergerniß.

In dieser Nacht werdet ihr euch Alle ärgern an mir, Matth. 29, 31. Marc. 14, 27.

Wenn sie auch Alle an dir sich ärgerten, so will ich mich doch nimmermehr ärgern, ib. v. 33. Marc. 14, 29.

Solches habe ich zu euch geredet, daß ihr euch nicht ärgert, Joh. 16, 1.

Darum, so die Speise meinen Bruder ärgert, wollt ich nimmermehr Fleisch essen, 1 Cor. 6, 13.

Aergerniß

§. 1. Dem Worte nach ist es etwas, wodurch ein Mensch ärger gemacht wird. Das griechische und lateinische Wort Scandalum heißt ein Fußeisen, das einem angelegt wird. Es pflegt auch bei den Griechen vorzukommen, von dem Holz in den Mäusefallen, woran die Mäuse nagen und gefangen werden; von den Beeren auf dem Vogelheerd. Von Luther wird es in heil. Schrift durch Falle, Ps. 140, 6. Ps. 141, 9. durch Strick, Richt. 2, 3. und durch Netz, Jos. 23, 13. übersetzt. Es bedeutet also, wodurch man kann gefällt, gefangen werden. Daher verbietet GOtt, 3 Mos. 19, 14. dem Blinden einen Anstoß zu setzen.

§. 2. Im bildlichen Verstande bedeutet es einen Anstoß auf dem Wege des christlichen Glaubens und Lebens, wodurch der Nächste verhindert wird, weiter zu gehen, und also von der Wahrheit in Irrthum und von der Gottseligkeit znr Sünde geleitet wird.

§. 3. Der Ursprung des Aergernisses ist nicht GOtt zuzuschreiben, sondern dem Teufel, Matth. 13, 24. 25 ff. und denen, welche sich von ihm in seinen verfluchten Stricken herum zerren lassen. Denn GOtt ist das allerheiligste und reinste Wesen, welches die Herzen nicht zum Bösen regiert, Ps. 5, 5. Und wenn der Heiland, Matth. 18, 7. (1 Cor. 11, 19.) sagt: es muß Aergerniß kommen, so ist dieses muß nicht unumgänglich, sondern bedingungsweise. Es ist eine necessitas non absoluta, sed hypothetica zu verstehen, weil nämlich die Welt, die Menschen, so böse sind, so kann es nicht anders sein, es muß Aergerniß aus solchen Teufels-Lehren und Leben erfolgen. Wenn man mit Feuer unvorsichtig umgehet, so muß Schaden geschehen; wenn man das Seinige nicht zu Rathe hält, sondern liederlicher Weise versplittert und verpraßt, so muß man ein Bettler werden etc.

§. 4. Man pflegt das Aergerniß einzutheilen m ein persönliches und thätiges oder wirkliches. Jenes ist die Person, welche zu sündigen verleitet; dieses aber wird in ein gegebenes oder ein genommenes abgetheilt.

§. 5. Ein gegebenes Aergerniß ist eine äußerlich in die Augen fallende Untugend, welche sich in Geberden, Worten und Werken äußern kann, wodurch der Andere wirklich zur Sünde gereizt, verführt und also ärger, als er sonst ist, gemacht wird.

§. 6. Ein genommenes ist, wenn einer etwas mit Geberden, Worten und Werken thut, das nicht arg und böse gemeint, jedoch übel ausgelegt wird, und man sich also an solchen Dingen ärgert, woran man sich nicht ärgern sollte. Das böse Herz kann durch das Beste, durch die heilige ihm vorgehaltene Wahrheit, und durch die strenge und beschämende Tugend geärgert, d. i. zum Widerstand gereizt werden. Aus Rosen können auch die Spinnen Gift saugen. Was kann ein Crucifix dafür, daß vor ihm ein abergläubischer Papist niederfällt? Was kann die an sich gute und nützliche Philosophie dafür, daß sie von vielen frechen Gemüthern zu hoch erhoben und zur Richter in der geoffenbarten Wahrheiten bestellt wird? etc.

§. 7. Je leichter es ist Aergerniß zu geben, je gefährlicher ist es solches zu thun. Denn die Abscheulichkeit dieser Sünde befleckt die Seele und verdirbt solche dergestalt, daß sie aus dem Stande der Gnaden gesetzt, der ewigen Verdammniß entgegenrennt.

§. 8. Aergerniß haben gegeben: Aaron den Israellten mit dem gegossenen Kalbe, 2 Mos. 32, 4. Valaam durch Balak den Israeliten, Offb. 2, 14. David den Feinden des HErrn durch seinen Ehebruch, 2 Sam. 12, 14.

Gideon mit dem Leibrock den Israeliten, Richt. 8, 27. Die Kinder Zerujah, die dem David wollten zum Satan werben, 2 Sam. 19, 22.

Petrus, da er Christo zum Satan wurde, Matth. 16, 23. Vasthi mit ihrem Ungehorsam ihren Unterthanen, Esth. 1, 16. Das Volk GOttes mit seinem Götzendienste, Ps. 106, 36.

§. 9. Das meiste Aergerniß stiften I) Lehrer und Prediger, sowohl im Lehren, wenn sie Irrthümer hegen, Trennungen verursachen, die Einfältigen mit Beredtsamkeit verwirren etc. (Des Priesters Lippen sollen die Lehre bewahren etc. Mal. 2, 7. 8.) als auch besonders im Leben. Ein gottloser Prediger dient in einer englischen Kleidung dem Teufel, er ist eine Pestilenz in der Gemeinde; ein Irrlicht, das die Seelen auf Abwege, auch wohl gar in den Morast verdammlicher Sünden und ins ewige Verderben führt! Ach! was für Zuwachs erhält nicht das Reich des Satans, wenn es heißt: Unser Pfarr kann besser saufen, in liederlicher Gesellschaft Tabak schmauchen, spielen, tanzen, fluchen etc. als wir. Ach! daß doch keiner leichtsinnig vergäße, was 1 Tim. 3, 2. 2 Tim. 4, 5. Tit. 1, 7. gesagt wird.

II) Die Obrigkcit, wenn sie nicht Sorge trägt für die wahre Religion, wenn sie irrige Lehrer duldet, wenn sie gar abfällt. (S. Abfallen §. 1. f.) Wenn sie in groben Sünden lebt. Wie der König, so die Unterthanen. Salomo sagt ihnen, zu welchem Zweck sie auf dem Stuhl sitzen, nämlich alles arge mit ihren Augen zu zerstreuen, Sprw. 20, 8.

III) Eltern (Herren und Frauen) in Ansehung der Kinder, (Gesinde). Absalom folgt seinem Vater David bald nach im Ehebruch und Todtschlag, 2 Sam. 11, 2. 3. 4. 17. c. 13, 14. 28. c. 16, 22. Nadab seinem Vater Jerobeam, 1 Kön. 15, 26. Wie wollen denn solche Eltern, als schändliche Nachfolger der gottlosen Athalia, 2 Chr. 22, 3. die Verwahrlosung solcher unschuldigen Kinder am jüngsten Gericht verantworten? Kinder sind wie eine leere Tafel, worauf man schreiben kann, was man will; sie sind ein Spiegel, welcher die Gestalt dessen, was ihm vorgehalten wird, zeigt. Eltern sollen die Vermahnung des Paulus, Eph. 6, 4. als eine Richtschnur der Kinderzucht vor Augen haben.

IV) Andere Menschen, in Ansehung des Nächsten. Das geschieht vornehmlich a) durch allerhand prächtigen Kleidern oder Hurenschmuck, Esa. 3, 16. Sprw. 7,10. Kleiderpracht und Hoffahrt ist nichts Anders, als des Teufels Netz und Fallstrick, wodurch der Mensch in GOttes Zorn und ewige Verdammniß geschleppt wird. b) Durch Entblößung des Halses. Das ist die Speise der Wollust und verdammlicher Begierden; die Mode wird hier keine Entschuldigung sein, denn das, was Paulus sagt, Röm. 12, 2. geht alle Menschen an. Mir nach, spricht der Heiland, nicht der Mode, nicht der Welt nach. Siehe 1 Cor. 4, 16. c. 11, 4. Eph. 5, 1. Meidet allen bösen Schein, 1 Thess. 5, 22. c) Aergerlichc Reden. Wie wir unter einander reden sollen, lehret uns, Eph. 5, 19. und wer an die Rechenschaft, welche von jedem unnützen Wort gegeben werden muß, Matth. 12, 36. denkt, der wird Pos-^[folgende Seite]