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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

75 ^[Seitenzahl nicht im Original]

Italien.

Die Völkerbewegung auf der apenninischen Halbinsel. Wohl auf keinem anderen Boden haben schon seit den Urzeiten Völkerbewegung und -Mischung in so ausgedehntem Maße stattgefunden, wie auf jenem der apenninischen Halbinsel. Welcher Art die Ureinwohner gewesen sind, wissen wir nicht. Als Einwohner treten dann iberische Stämme - die von Westen (Spanien) kamen, und Indogermanen, welche von Osten her eindrangen, auf. Unter den Indogermanen erscheinen als die ältesten die Ligurer, dann die sogenannten Italiker - bei denen man zwei Hauptzweige unterscheidet: Latiner und umbrisch-sabellische Stämme -, ihnen folgten Illyrer, von welchen der Stamm der Veneter sich im östlichen Oberitalien dauernd behauptete.

Die Etrusker. In diese indogermanische Bevölkerung drängte sich nun ein rätselhaftes, nichtindogermanisches Volk ein, die Etrusker. Ueber Art und Herkunft derselben herrscht noch völlige Unklarheit. Nach Italien kamen sie - wie die meisten annehmen - von Norden (Tirol und Graubünden) her, ließen sich zunächst im Etsch- und Po- Lande und in der Gegend von Bologna nieder, drangen dann südwärts in das heutige Toskana vor, gelangten hier zur Macht und dehnten ihre Herrschaft über die Italikerstämme bis nach Campanien (Neapel) aus, das sie um 602 v. Chr. besetzten.

Zur Zeit der Einwanderung der Etrusker war die oberitalische Ebene ein Sumpfland, wie dies die Pfahlbaudörfer (Terramaren) beweisen. Günstigere Lebensbedingungen bot das Hügel- und Bergland der nördlichen Apenninen, in dem sich auch die etruskische Kultur entwickelte, und zwar auf Grund der bereits vorhanden gewesenen der altansässigen Italikerstämme.

Stellung der Etrusker zu den älteren Bewohnern. Manche Rätsel und Widersprüche in den Nachrichten lassen sich meiner Ansicht nach erklären, wenn man annimmt, daß die Etrusker nicht als Volksmasse das Land besiedelten, sondern als herrschender Adel sich inmitten der älteren Bevölkerung niederließen; also etwa in der Art, wie nach den Kreuzzügen die fränkischen Barone in Griechenland oder die deutschen Ordensritter in Preußen.

Sie begründeten nicht die altitalische Kultur, sondern brachten nur gewisse Kulturformen mit, die mit jener sich vermischten, und als "Herren" im Lande, die natürlich auch "reich" waren, förderten sie die weitere Entwicklung durch Begünstigung fremder Einflüsse.

^[Abb.: Fig. 76. Goldene Gesichtsmaske aus Mykenai.]