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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

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Italien.

Annäherungsweise lassen sich diese Zeiträume etwa so bestimmen: Bis zu Ende des Bronzezeitalters ist die italische Kunst selbständig, etwa um 700 v. Chr. bringt der Seeverkehr die Nachahmung fremder Muster mit sich, nach 600 v. Chr. wird der fremde Einfluß maßgebend und Italien ganz von Griechenland abhängig.

Altitalische Kunstweise. Im ersten Zeitraum nimmt auch die altitalische Kunst beziehungsweise das Kunstgewerbe den allgemein giltigen Entwicklungsgang und zeigt daher Verwandtschaft sowohl mit dem altgriechischen wie mit dem mittel- und nordeuropäischen Kulturkreise. Die Funde aus dem Stein- und Bronzezeitalter zeigen daher wenig Besonderheiten. Es ist daher nicht nötig, diese Zeit hier eingehender zu behandeln, ebensowenig wie den letzten Zeitraum, da im Zusammenhang mit der griechischen Kunst auch die italische berücksichtigt werden wird. Ich glaube mich daher darauf beschränken zu können, einige Besonderheiten kurz zu kennzeichnen, welche auf die Eigenart der Etrusker zurückzuführen sind.

Eigentümlichkeiten der Etrusker. Soweit es die Ueberlieferungen gestatten, sich ein Bild von der Eigenart der Etrusker zu machen, erscheinen dieselben als ein Volk von hoher Verstandeskraft und ausgesprochenem Nützlichkeitssinn, während dichterische Veranlagung und Einbildungskraft nur in geringem Maße sich geltend machten. Der scharfe Blick für das Zweckmäßige veranlaßte sie auch, von Fremden zu lernen.

Ihre religiösen Anschauungen wurden bestimmt einerseits durch den Glauben an einen "guten" und an einen "bösen" Geist; andererseits durch die Fortdauer der Seele nach dem Tode, welche in diesem anderen Leben belohnt oder bestraft wird. Das Bestreben, die Zukunft zu erforschen, führte zu einer Ausbildung der Zeichendeuterei (Vogelschau, Wahrsagen aus den Eingeweiden der Opfertiere), welche dann auch die Römer übernahmen.

Die "Familie" hatte eine große Bedeutung - ähnlich wie bei den Germanen - auch die Frau nahm eine freiere selbständige Stellung ein und trat nicht so in den Hintergrund wie bei den Griechen. Im Ganzen treten uns mehr Züge nordischer als solche südlicher Art entgegen. Aus diesen Anlagen des Volkes ergaben sich nun auf dem Gebiete der Kunst einige beachtenswerte Erscheinungen.

^[Abb.: Fig. 78. Vase mit Darstellung eines Leichenzuges im sogen. Dipylonstil.

(An der Seite Einzelheiten der Zeichnung vergrößert.)]