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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

allerdings zweifelhaft, ob das Urbild wirklich aus so früher Zeit stammt und die erhaltene Nachbildung nicht ein sogenanntes archaistisches (d. h. ein solches, welches alte Formen nachahmt oder im alten Geiste gehalten) Gebilde ist. Doch dieses ist nicht so wichtig, der Typus paßt in diese Zeit, und so können wir ihn auch als Vertreter derselben gelten lassen. Im rechten Arm hielt der Gott die Leier, in der linken Hand ein Instrument zum Schlagen derselben.

Der Apollon aus Olympia ist ein sicheres Originalwerk. Er nahm im Giebelfelde eine ähnliche Stellung wie die Athene vom Tempel in Aegina ein. Auch um ihn tobt der Kampf, doch ist er nicht nur Schützer wie jene, sondern er streckt den rechten Arm gebietend aus. Am Körper fällt die feinere Modellierung und im Gesicht ein größerer Ausdruck als bei den archaischen Werken auf. (S. in der Mitte der Fig. 99.)

Dornauszieher. Der kapitolinische Dornauszieher, obwohl noch kein Jüngling von der Reife des eben besprochenen Apolls, scheint mir hier am besten Erwähnung zu finden. - Die Behandlung des Fleisches, die Strenge in den Gesichtszügen, die Art wie das Haar gearbeitet ist, lassen die Annahme, daß das Werk zum mindesten in die Nähe des Myron gehört, als richtig erscheinen.

Von Polyklet kann man ein in diese Reihe gehöriges Werk nicht erwarten, da sein Streben auf kraftvollere Gestaltung gerichtet war und selbst seine weiblichen Gestalten (Amazone a. S. 130) einen mehr männlich-kräftigen Ausdruck haben.

Idolino. Aus der Nähe des Polyklet stammt das Werk eines unbekannten Meisters, der sog. Idolino. Es bildet gleichsam eine Vermittelung zwischen Polyklet und der weicheren attischen Kunstweise. Die Glieder sind weicher, geschmeidiger als z. B. beim Diadumenos. Da das lebensgroße Bronzebild eines der wenigen griechischen Urwerke ist, erscheint es für die Kunstgeschichte von größter Wichtigkeit. Die Haltung ist ganz ungezwungen. In der rechten Hand hielt er vielleicht die Opferschale, der linke Arm hängt nur leise gebogen herab. Die Fußstellung ist die der größten Ruhe. Das einzige Strenge an ihm ist der Kopf und die fest anliegenden Haare.

Was Phidias an Jünglingsgestalten schuf, wurde bei den Parthenon-Bildwerken erwähnt; deshalb wende ich mich gleich zu dem Werk, welches mir als schönstes dieser Art gilt.

^[Abb.: Fig. 145. Körper einer Aphrodite.

Syrakus.]

^[Abb.: Fig. 146. Aphrodite von Capua.

Neapel.]