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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Jünglingsbilder des Praxiteles (S. 115). Es ist dies Apollon Sauroktonos, der Eidechsentöter des Praxiteles. Mit diesem Werk löst Praxiteles eine neue Aufgabe, welche auch bei den beiden folgenden Werken wiederkehrt. Die bisher besprochenen Gestalten ruhen im Stehen, d. h. die Körper befinden sich in einer Stellung, welche das Ausspannen aller Muskeln, so weit sie nicht zum Stehen nötig waren, ermöglichte.

Die Bewegung der Arme ist selbst beim Apollon von Olympia trotz der gebietenden Geberde nur lässig und bringt den übrigen Körper nicht aus seiner Ruhe. Praxiteles geht nun noch einen Schritt weiter, indem er dem Körper einen seitlichen Stützpunkt giebt. Der Körper schwebt zwischen zwei Stützen und bekommt dadurch eine ungemein weiche Linie, welche wunderbar zu der zarten Behandlung der ganzen Gestalt paßt. Die Last ist auf den linken Arm und den rechten Fuß verteilt. Die schwache Bewegung des rechten Armes, in dessen Hand er den Pfeil hält, um damit die den Stamm hinaufkletternde Eidechse zu treffen, ist so lässig, daß ein ernstlicher Tötungsversuch gar nicht gedacht scheint. Das leicht seitwärts geneigte Haupt, der ruhige Gesichtsausdruck, der leise angezogene linke Fuß und die Krümmung der Finger der linken Hand vollenden das Bild gemächlicher Ruhe. Die störende Stütze mußte bei der Marmornachbildung als notwendiges Uebel angebracht werden, beim Bronzeoriginal fehlte diese.

Ruhender Satyr (Fig. 117). In über 70 Nachbildungen erhalten, finden wir den angelehnt ruhenden Satyr in vielen Sammlungen Europas wieder. Eine der besten dieser Wiederholungen ist hier abgebildet. Auch diesem liegt ein Praxitelessches Vorbild zu Grunde. An die Schönheit des Apoll reicht er nicht hinan, und doch ist er in seiner Art als Satyr wieder eine Idealfigur.

Wenn ich eine Reihenfolge aufstellen soll, so müßte ich diesen vor dem folgenden Hermes und dem Apoll aufführen, da bei ihm das Schweben zwischen zwei Stützpunkten noch nicht so stark zum Ausdruck kommt. Die Körperlinie zeigt noch nicht so ausgeprägt die schöne Biegung. Der Körper des Satyr ist derber, fleischiger wie der des Apoll, der Kopf weniger fein, aber doch von großem Reiz.

Der Hermes. Als drittes Werk des Praxiteles folgt der Hermes mit dem Dionysosknaben. Es wurde am 8. Mai 1877 in Olympia bei den deutschen Ausgrabungen des dortigen Festplatzes wieder zu Tage gebracht. Wie schön auch die beiden vorhergehenden

^[Abb.: 147. Zeus von Otricoli.

Rom, Vatikan.]

^[Abb.: Fig. 148. Seneca.

Neapel, Museo Nazionale.]

^[Abb.: Fig. 149. Homer.

Neapel, Museo Nazionale.]