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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

dann auch durch den Inhalt. Vorwiegend wurden sie zur Schilderung geschichtlicher Ereignisse benutzt und fanden deshalb vielfache Verwendung an den Ehren- und Gedenksäulen sowie den Siegesthoren. Meist beschränkte sich die Darstellung auf trockne Wiedergabe der Vorgänge, ohne höhere künstlerische Absichten, wie z. B. die Probe (Fig. 173) von der Markussäule zeigt, die das sogen. "Regenwunder", durch das die Römer im Markomannenkriege aus großer Bedrängnis befreit wurden, darstellt. Die Flachbilder zogen sich in ununterbrochener Folge schraubenförmig aufsteigend an der Außenseite der Säule entlang. Ihr Wert ist wegen der getreuen Wiedergabe der Sitten und Gebräuche der Römer und der feindlichen Völker für die Geschichte bedeutender als für die Kunst.

Eine andere Art des Flachbildes zeigt das Stück (Fig. 174) vom Sockel der Säule des Antoninus Pius. Es stellt die Apotheose - Vergötterung - des Kaiserpaares dar. Links und rechts sitzen sinnbildliche Gestalten: in der Mitte schwebt der Genius der Unsterblichkeit, der auf seinem Rücken das Kaiserpaar emporträgt.

Auch in der römischen Flachbildnerei ging man zuletzt wieder auf griechische Art zurück und zwar vornehmlich in den zahlreichen Sarkophagen, die mit Darstellungen aus der griechischen Sage geschmückt wurden. Die Künstler beschränkten sich jedoch auf rein äußerliche Nachahmungen, das eigene Empfinden und Erfinden war ihnen verloren gegangen, so daß der Kunstwert der meisten dieser Sarkophage gering ist. Der in Fig. 175 abgebildete Sarkophag zeigt eine Darstellung aus der Niobesage.

Tier-Bilder. Zum Schluß der hellenischen Bildnerei gebe ich noch die Abbildungen zweier berühmter Tierdarstellungen, deren Entstehungszeit und Ursprung nicht sicher nachzuweisen ist. Das eine (Fig. 176) ist die sogen. kapitolinische Wölfin. Es ist keine unmittelbare Naturnachbildung, der Körper ist stilisiert, was besonders bei den Haaren des Halses und Rückens deutlich sichtbar ist. Man nimmt jetzt an, daß die Wölfin ein etruskisches Werk, etwa aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., ist. Die beiden Kinder wurden im 16. Jahrhundert durch Guglielmo della Porta hinzugefügt. Das zweite Tierbild stellt eine sogen. Chimäre dar, ist also ein reines Phantasiegebilde. Auch die Chimäre wurde für etruskische Arbeit gehalten, doch ist sie wahrscheinlich die Nachbildung eines griechischen Vorbildes aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. (Fig. 177).

Die Malerei der Griechen. Aeußerst lückenhaft und unsicher sind unsere Kenntnisse von der Malerei der Griechen, die hauptsächlichen und für die Kunstentwicklung entscheidenden "großen" Werke sind vernichtet, und man muß sich fast ausschließlich an die Ueberlieferungen halten, deren Wert sicher zu beurteilen wir auch nicht in der Lage sind. Eines geht jedoch aus den Berichten der alten Schriftsteller hervor: nämlich, daß die Zeitgenossen die Malerei höher schätzten als die Bildnerei.

^[Abb.: Fig. 182. Iphigeneia in Tauris.

Wandgemälde aus Pompeji. (Nach Photographie von Alinari.)]