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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

die hohe Vollendung dieser Arbeiten in der römischen Zeit ergab sich durch die Vereinigung griechischer und altitalischer Kunstfertigkeit von selbst. Die Griechen verarbeiteten hauptsächlich Silber und wußten die Eigenart dieses Metalles vorzüglich zu verwerten. Das weiche Gold gestattet keine scharfen Formen, die in der zähen Bronze dagegen wieder zu hart werden, während das Silber Schärfe und Weichheit vereinigen läßt; dazu kommt der milde Glanz, welcher den Reiz der Formen erhöht.

Die Werke sind in getriebener Arbeit hergestellt und sorgfältig ciseliert (d. h. mit dem Meißel behandelt). Die griechischen Silbergefäße sind in der That meisterhaft ausgeführt, nicht nur in der Hauptform, sondern auch in den Einzelheiten, namentlich in den Verzierungen, und man versteht es, daß die Römer ungeheure Summen für solche Stücke bezahlten. Das römische Kunstgewerbe hielt sich an die vorzüglichen griechischen Muster, verwertete aber auch die Errungenschaften der Etrusker, die wieder in der Behandlung der Bronze Meister waren.

Die allmähliche Entwicklung dieser Kunstfertigkeit läßt sich allerdings nicht genau verfolgen; wir können aber ein vollständig deutliches Bild über den Stand derselben im ersten Jahrhundert n. Chr. gewinnen aus den Funden in Pompeji. Diese zeigen, wie selbst bei den einfachsten Hausgeräten auf Schönheit der Form und auf schmuckhafte Ausstattung Wert gelegt wurde. Das Hervortreten der letzteren ist eine besondere Eigentümlichkeit des römischen Geschmackes, welcher malerische Wirkung durch reiche Zierate zu erzielen suchte, während der ältere griechische Kunstgeist mehr in der gefälligen Durchbildung der Grundformen sich kundgab.

Die Formen der - getriebenen und ciselierten - Metallarbeiten wurden auch auf Arbeiten in anderen Stoffen übertragen, namentlich kam Marmor bei Gefäßen, Tischen und dergleichen Geräten zur Verwendung.

Die gebogenen Formen, insbesondere aber die Verzierungen bei diesen Marmorarbeiten lassen vielfach metallische Vorbilder erkennen.

Zu den bemerkenswerten Metallarbeiten sind auch die Rüstungen zu rechnen, die namentlich in der Kaiserzeit durch reichen Zierschmuck sich auszeichneten.

Schmucksachen. Eine ungemeine Erfindungsgabe und ein wahrhaft feines Formgefühl giebt sich in den Schmucksachen kund. Die Fülle der Gestaltungen, die geschickte Verwertung und Verbindung des Figürlichen mit einfachen und veredelten Zierformen, die sorgfältige und gefällige Behandlung aller Einzelheiten ist erstaunlich. Wie bei den Geräten, so auch bei den Schmucksachen hat das antike Kunstgewerbe der künstlerischen Grundforderung: daß Bestimmung und Zweck des Gegenstandes, also dessen wesentliche Eigenart, durch die Form zu schönem Ausdruck gebracht werde, in vollstem Maße entsprochen.

Schnittkunst. Münzen. Auf eine besonders hohe Stufe der Ausbildung gelangte die Schnittkunst; deren vorzüglichste Werke bestehen aus Münzen und geschnittenen Steinen (Gemmen; ist die Zeichnung vertieft eingeschnitten heißen sie Intaglios, die erhaben geschnittenen Steine Cameen). Die Münzen sind für die Kunstgeschichte auch insofern wichtig, als sie vielfach berühmte Meisterwerke der Bildnerei und Baukunst wiedergeben, da bei den Griechen

^[Abb.: Fig. 197. Silbernes Gefäß aus Boscoreale.

(Aus Bruckmanns "Klassischer Skulpturenschatz".)]