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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

Die anderen deutschen Gebiete. Auch im Elsaß, welches teilweise von der rheinischen Bauweise beeinflußt wurde, herrscht eine gewisse Düsterheit und Schwerfälligkeit der Formen vor, welche in dem sonst lebensfrohen Lande auffällig ist.

Franken und Thüringen folgten im Allgemeinen den rheinischen und sächsischen Vorbildern, ohne besondere Eigentümlichkeiten zu entwickeln, während in den Donau- und Alpenländern (Oesterreich) man sich der süddeutschen Bauweise anschloß, aber auch italischen Einflüssen nachgab.

Eine bemerkenswerte Eigenart weist Norddeutschland - die Tiefebene der Elbe - auf, wo das Christentum erst zu Ende des 12. Jahrhunderts zur vollen Herrschaft gelangte. Die Bauten sind daher im spätromanischen Stile ausgeführt; ihre Besonderheit ist jedoch bedingt durch den Baustoff. Die ältesten Werke wurden aus dem Granit der Findlingsblöcke hergestellt, welche die eiszeitlichen Gletscher aus den skandinavischen Gebirgen herabgeführt und auf der Tiefebene abgelagert hatten. Die Härte des Gesteins ließ eine zierliche Bearbeitung nicht zu und die Formen sind daher ungefüge und massig. Bald aber wurde der Granit durch den Backstein ersetzt und der Stil auch mit künstlerischem Geschick der Eigenheit dieses Baustoffes angepaßt. Die Flächen sind glatt, wenig gegliedert, auch fehlt das Zierwerk; durch die Fügung der Ziegellagen wird aber ein schmuckhafter Eindruck erzielt und durch das Uebereckstellen der Ziegel der (antike) Zahnschnitt nachgeahmt. Der Rundbogenfries wird reicher gestaltet, indem man zwei Reihen von Bögen sich gegenseitig durchschneiden läßt. Das Würfelkapitäl wird derart umgebildet, daß es nicht mehr nach unten abgerundet ist, sondern die Seiten reine Trapezform erhalten.

Einfluß auf Skandinavien. Die deutsche Bauweise blieb auch maßgebend für den skandinavischen Norden; insbesondere gilt dies für Dänemark, das gänzlich den deutschen Bahnen folgt. Nur in Norwegen ist der normannische Einfluß bedeutsamer und findet sich auch eine selbständige und eigenartige Bauform, welche gleichwie die norddeutsche durch den Baustoff bedingt wurde; es sind dies die aus Holz errichteten sogenannten "Stabkirchen", die von hohem, malerischen Reiz sind. Die Anlage ist eine nahezu quadratische, von dem Hauptraum werden niedrigere Umgänge durch Holzsäulen mit Würfelkapitälen geschieden, über die Säulen spannen sich aus Holz gefügte Bogen, die Decke wird oft nur durch das Sparrenwerk des Daches gebildet. Außen umzieht in der Regel ein Laufgang mit niedrigen Säulchen den Bau. Eine Reihe von hohen Pultdächern erscheint übereinander angeordnet, auf dem Dache des Mittelschiffes ist ein Turm aufgesetzt, während auf jenem des Chors gewöhnlich noch ein kleines Türmchen angebracht wird. (Der eigentliche Glockenturm steht meist abseits.) Als Verzierung dient Schnitzwerk, das kraus verschlungene Bänder und seltsam gewundene Tiergestalten, Schlangen, Drachen u. dgl. darstellt.

Der normannische Stil. Bei der normannischen Gruppe begegnen wir zuerst noch großer Einfachheit und einer gewissen Unselbständigkeit; von der Mitte des 11.

^[Abb.: Fig. 258. Flachbild von den Externsteinen.]