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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

Reichsgewalt weiter gestärkt, die gewonnene innere Einheit und Festigkeit ging aber zu Ende des 11. Jahrhunderts in dem großen Kampfe mit der Kirche (unter Heinrich IV.) allmählich wieder verloren. Die alten Stammesunterschiede machten dabei immer noch sich geltend und wir finden auch auf dem Gebiete der Kunst eine je nach den Gegenden verschiedene Entwicklung, beziehungsweise selbständige Erscheinungen und Besonderheiten.

Sachsen. Sachsen stand zunächst an der Spitze und hier im Stammlande der Kaiser entfaltete sich eine reiche Bauthätigkeit; man hat denn auch den romanischen Stil bisweilen als "altsächsischen" bezeichnet. Für dieses Gebiet sind namentlich in der Frühzeit die flachgedeckten Pfeilerbasiliken bezeichnend.

In Süddeutschland, wo damals der schwäbische Stamm dem bairischen überlegen war, bevorzugte man dagegen die flachgedeckten Säulenbasiliken und einen abenteuerlichen, phantastischen Schmuck; im Allgemeinen blieb aber dieses Gebiet ohne maßgebenden Einfluß auf die Weiterentwicklung des Stils.

Die Rheinlande. Für diesen hatten die Rheinlande die größte Bedeutung. Hier wurde der Gewölbebau zuerst angewendet, ausgebildet und der romanische Stil zu seiner glänzendsten Vollendung gebracht. Während in Sachsen der Stil seine Ursprünglichkeit und Selbständigkeit reiner bewahrte, wurde am Rhein die Ausbildung durch die vorhandenen Reste aus der antiken Zeit und die karolingischen Werke nicht unwesentlich beeinflußt. Die sächsischen Bauten sind einfacher und ernster, die rheinischen malerischer und von großer Zierlichkeit in den Einzelheiten.

Westfalen. Im Gegensatz zu der am Rhein herrschenden heiteren Schönheit findet man in dem Nachbargebiete der Rheinlande, in Westfalen, wieder große Schlichtheit; als besondere Eigentümlichkeit erscheinen aber hier die sogenannten "Hallenkirchen", bei denen die Seitenschiffe die gleiche Höhe wie das Mittelschiff haben, so daß ein gemeinsames Dach alle überdeckt.

^[Abb.: Fig. 257. Inneres der Markuskirche zu Venedig.]