Johannes Emmer,
Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin,
ohne Jahr [1901]
392
Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.
entstehen Werke, welche nicht nur weichere Linienführung, sondern überhaupt auf Naturtreue abzielende Darstellung und eine wirklich malerische - das heißt die Farbe als Hauptausdrucksmittel verwertende - Behandlung bekunden. Für diese neue Richtung ist ein anderes, vielgenanntes Werk bezeichnend: der Tuchersche Altar.
Pleydenwurff-Wolgemut. Auffallend ist, daß sich die anderen Nürnberger Meister nicht entschließen konnten, auf diesem Wege entschieden fortzuschreiten, sondern wieder mehr dem steifen Holzschnitzstil huldigten. Man hat den Eindruck, daß sie immer nach einem geschnitzten Modell und nicht nach natürlichen malten. In dieser Art arbeitete auch die bedeutendste Nürnberger Werkstätte der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, welche einen weitreichenden Ruf besaß, nämlich jene von Pleydenwurff-Wolgemut. Der Begründer derselben, Hans Pleydenwurff, war urkundlich von 1451-1472 thätig; seine Witwe heiratete Michel Wolgemut (geb. 1434, gest. 1519), der später den Stiefsohn Wilhelm Pleydenwurff zum Geschäftsteilhaber aufnahm. Diese stark beschäftigte Werkstätte lieferte zahlreiche Arbeiten - auch nach Sachsen und Schlesien -, bei denen allen das Hauptgewicht auf die scharfe Zeichnung gelegt ist, während die Farbe mehr nebensächlich behandelt erscheint. (Fig. 391 u. 392.) Hervorragendes leisteten die beiden letztgenannten Meister auch in Holzschnitt-Zeichnungen. Aus ihrer Schule ging Albrecht Dürer hervor, der ihnen wohl seine Sicherheit im Zeichnen verdankte, aber sonst seine eigenen Wege zu der "Höhe wahrer Kunst" einschlug.
^[Abb.: Fig. 384. Lochner: Maria im Rosenhag.
Köln. Museum. (Photographie B.-A. Bruckmann.)]