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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert

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Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.

der ursprünglich in St. Bavo zu Gent aufgestellt war und dessen einzelne Teile jetzt in verschiedenen Orten zerstreut sind. (Das Altarwerk hatte der Bürger Joest Vyd gestiftet.) An diesem sind die künstlerischen Eigenheiten der Meister vollständig zu erkennen. Die großzügige Anordnung und die hohe gedankliche Auffassung, welche in dem geistigen Ausdruck der Hauptgestalten sich kundgeben, sind ebenso beachtenswert wie die lebensvolle Naturwahrheit in Haltung, Bewegung und den Körperformen. Den Farbenreiz kann die Abbildung allerdings nicht verdeutlichen, dennoch läßt sich ersehen, wie meisterlich die Luft behandelt, Licht und Schatten verteilt sind. Die scharfe Beobachtung der Wirklichkeit paart sich mit der Fertigkeit, das Geschaute auch richtig wiederzugeben und mit der freien Beherrschung der Ausdrucksmittel (Seite 399).

Daß solche Vorzüge Jan van Eyck befähigten, in der Bildnismalerei ganz besonders Hervorragendes zu leisten, ist begreiflich, und wir finden ihn daher hauptsächlich in diesem Fache thätig. Das Erfassen der persönlichen Eigenart des Dargestellten und die vollendete Form in der Wiedergabe desselben stehen auf gleicher Höhe und in dieser Hinsicht wurde er von keinem seiner Zeitgenossen erreicht (Fig. 394 und 395).

Die Einwirkung auf die Malkunst der Zeitgenossen war tiefgreifend und nachhaltig. Wohl besitzen wir nur geringe Kunde von unmittelbaren Schülern und Nachfolgern, unter denen auch keiner sich zu der Höhe des Meisters erhob, aber die zahlreichen, namenlosen Werke bezeugen, daß die flandrische Malerei den Bahnen Eycks folgte. Wie gewöhnlich verfielen aber auch hier die späteren Nachfolger in Einseitigkeit; indem sie die Wirklichkeits-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 392. Wohlgemut: Auferstehung Christi.

München. Pinakothek.]