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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert

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Die Malerei im 14. und 15. Jahrhundert.

Kraft und er vermag seinen Gestalten kein rechtes Leben zu verleihen. Dagegen bekundet er eine große Begabung für die Farbenbehandlung, und dies mag ihn wohl auf das Landschaftliche hingewiesen haben, auf das er seine ganze künstlerische Sorgfalt verwendet. Die feinen Stimmungen, wie sie zu den verschiedenen Tageszeiten in der Landschaft liegen, giebt er mit einer Wahrheit wieder, die man bei keinem anderen Meister jener Zeit findet; man fühlt es heraus, daß er die volle Schönheit der Natur erfaßt und sich bemüht hat, ihr den treffendsten Ausdruck zu geben. Die beiden Flügel eines Altarwerkes, auf welchen die Heiligen Johannes der Täufer und Christophorus dargestellt sind, zeugen ebensowohl für die Schwäche des Künstlers im Figürlichen, wie für sein hohes Kunstvermögen im Landschaftlichen.

Die Flußlandschaft im Dämmerlicht auf dem einen, die Hügellandschaft im Sonnenglanze auf der anderen sind ebenso richtig geschaut wie reizvoll wiedergegeben. (Fig. 398).

Diese Errungenschaft verblieb den Holländern und in der späteren Folgezeit wird sie weiter ausgebaut und zu einer hohen Vollendung gebracht.

Die Malerei in den anderen Ländern. Außerhalb der vorbehandelten Gebiete kam im 15. Jahrhundert die Malerei nirgends zu einer selbständigen Entwicklung. Weder in Frankreich noch in England und Spanien findet sich ein Meister von besonderer Eigenart, welcher eine weiter reichende kunstgeschichtliche Bedeutung beanspruchen konnte. Man unterlag gänzlich den Einflüssen der Nachbarn, Italiener und Niederländer zeichneten für die übrigens auch nicht erhebliche Malereithätigkeit die Richtung vor.

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Schlußbemerkung. Zu den einzelnen Bildern besondere Erläuterungen zu geben, erscheint nicht nötig, dagegen seien mir noch einige allgemeine Bemerkungen gestattet. Wenn man die Werke der Malerei dieses Zeitraumes überblickt, so dürfte wohl Manchem die Eintönigkeit in der Stoffwahl auffallen. Die Rücksicht auf die Zwecke, welchen die Malerei hauptsächlich dienen mußte: nämlich heilige Stätten zu schmücken, erklärt es hinlänglich, daß der Kreis der Darstellungs-Gegenstände in erster Linie ein religiöser sein mußte, und daher weltliche Vorwürfe nur selten gewählt werden konnten. Jedoch auch die Zahl der behandelten religiösen Stoffe ist verhältnismäßig gering, die biblische Geschichte, welche deren in reicher Fülle bietet, wurde erst von den Malern der Folgezeit besser verwertet. Der beliebteste und daher am meisten benutzte Vorwurf ist allenthalben die Madonna, und zwar sind es in Italien drei Formen, die bevorzugt werden: Maria mit dem Kinde auf dem

^[Abb.: Fig. 397. Memling: Die sieben Freuden Marias.

München. Pinakothek. (Photographie B.-A. Bruckmann).]