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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Zeit der "Renaissance"

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Die Zeit der "Renaissance".

heller Räume von festlich heiterm Ansehen, welche zu der lebensfrohen und genießenden Gesellschaft paßten. Denn weltliche Bauten sind jetzt die Hauptaufgabe: Schlösser für die Fürsten und Vornehmen; öffentliche Gebäude, die umfangreicher und stattlicher sein mußten, als früher, weil auch alle öffentlichen Geschäfte gewachsen waren; auch bürgerliche Wohnhäuser werden künstlerisch gestaltet. Die kirchliche Bauthätigkeit ist eingeschränkt; einerseits sind die angefangenen Werke der früheren Zeit zu vollenden und dabei der Stil der letzteren festzuhalten, andrerseits ist das Bedürfnis nach Neubauten nur gering, die Städte sind versorgt und für Klostergründungen wendet man selten noch reiche Mittel auf; bei einfachen Landkirchen verzichtet man auf das Künstlerische.

Anteil der einzelnen Länder an der Kunstentwicklung. Das Hauptgebiet des Renaissance-Stiles der Baukunst ist Italien. Hier entsteht er, wird ausgebildet und von hier aus verbreitet. Selbständig verarbeitet die italienischen Anregungen nur Deutschland, wo er sich zu besonderer Eigenart entwickelt. Frankreich steht im 16. Jahrhundert in der Bauthätigkeit etwas zurück, in der Folgezeit formt es den Stil in seinem Geiste um und bildet aus demselben eine neue Richtung heraus.

Als Begründer des Stiles ist der Florentiner Brunellesco zu betrachten, auf die weitere Entwicklung nahmen bestimmenden Einfluß hauptsächlich Bramante, Vignola, Palladio und - Michelangelo. Unter den deutschen Meistern erhebt sich keiner zu einer führenden Stellung: ihr Anteil an der Ausbildung ist ziemlich gleichwertig.

Auch für die Bildnerei und Malerei sind im 16. Jahrhundert Italien und Deutschland die maßgebenden Landschaften, die mit ihrer Kunstübung die anderen überragen und beeinflussen. Die italienische Bildnerei hat in Michelangelo, die deutsche in Peter Vischer ihren Hauptmeister.

Wie in diesem Kunstzweig die beiden Völker selbständig ihre eigenen Wege einschlagen, so ist es auch in der Malerei der Fall. Die volle Eigenart der deutschen Richtung bringt Albrecht Dürer zum reinsten Ausdruck, während Holbein der Jüngere sie durch

^[Abb.: Fig. 414. Borgognone da Fossano: Certosa bei Pavia.]