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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Zeit der "Renaissance"

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Die Zeit der "Renaissance".

mäßiger und richtiger gestaltete und die Verhältnisse nach den, an den Resten noch kenntlichen und nun erst recht verstandenen Regeln der Alten wählte. Von der bloßen Nachahmung antiker Bauwerke war man anfänglich noch weiter entfernt, als jemals; erst nach Michelangelo kam eine solche auf.

Die Baukunst in Rom. Im letzten Jahre des 15. Jahrhunderts war Bramante nach Rom gekommen und mit seiner Ankunft beginnt die Zeit der höchsten Blüte der Renaissance-Baukunst nicht nur für Rom, sondern für ganz Italien, ja für die ganze Welt. Ich habe schon früher gesagt, daß die römische Baukunst vor Bramante im Wesentlichen nicht über bloße Anläufe hinaus gekommen war; nunmehr entsteht ein Werk, welches die lange Zögerung wett macht, indem es gleichsam die Errungenschaften der florentinischen Baukünstler zusammenfaßt und in abgeklärter Form zur Erscheinung bringt.

Bramantes Bauten. Dieses Bauwerk ist der Palast der päpstlichen Kanzlei, die sogen. Cancelleria (Fig. 419). Gegen die frühere Annahme, daß Bramante der Erbauer der Cancelleria ist, hat man jetzt den Einwand erhoben, daß der Bau schon 1496 teilweise beendet und bewohnt war, doch ist der Name des eigentlichen Baumeisters nicht bekannt. Im Grunde ist es gleichgiltig, wer der Meister war, uns genügt das Vorhandensein des Werkes und wir können immerhin Bramantes Namen damit verknüpfen, denn sein Geist spricht sicher daraus zu uns. Im Aufbau des Aeußeren ging der Meister auf jene Art florentiner Palastbauten zurück, die durch Alberti im Palazzo Ruccellai ^[richtig: Rucellai] vorgezeichnet worden war. Es ist also eine Verbindung von Rustika mit Wandpfeilerordnungen.

Sucht man aber die Unterschiede zwischen beiden auf, so erkennt man leicht in der Cancelleria eine Veredlung der Albertischen Formen. Dieses zeigt sich sowohl in einer Steigerung der Schönheit der Verhältnisse, als auch in geschmackvollerer Bildung der

^[Abb.: Fig. 433. Palladio: S. Giorgio maggiore.

Venedig.]