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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei des 16. Jahrhunderts

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Die Malerei des 16. Jahrhunderts.

gelangte, die ihm einen würdigen Rang neben den "Großen" sicherte. Von der Richtung Fra Bartolomeos behielt er nur den Zug nach dem Schönen und Malerischen bei, übertraf aber hinsichtlich des letzteren jenen weitaus und bildete seine Malweise, was Farbenkunst anbelangt, zu einer hohen Vollendung aus. Er legt auf die zeichnerische Formgebung nur sehr geringes Gewicht und sucht die Wirkung nur durch die Farbe zu erzielen. Die religiöse Stimmung Bartolomeos ist ihm völlig fremd und in seinen Andachtsbildern zeigt sich jene weltliche, ausschließlich vom Schönheitsgefühl bedingte Auffassung, die wir auch bei Raphael sehen. An Tiefe der Empfindung und an zarter Anmut steht er diesem nach, seine Natur ist eben etwas rauhkräftiger, und er hatte denn auch von Michelangelo manche Züge und Anregungen angenommen. Unglückliche häusliche Verhältnisse und eine gewisse Unstetigkeit seines Wesens schädigten seine künstlerische Kraft; er arbeitete manchmal schleuderisch und so sind seine Werke sehr ungleich. Jedenfalls hatte er vielleicht noch eine höhere Stufe der Vollkommenheit erreichen können, wenn jene Umstände nicht gewesen wären. Seine Wandgemälde gehören zu dem Besten, was damals in Florenz geschaffen wurde, und ungemein zahlreich sind seine Tafelbilder, die, wie erwähnt, zwar vielfach ungleichwertig erscheinen, aber auch wahre Meisterwerke enthalten. Das vorzüglichste dürfte die "Madonna delle Arpije" sein, die sich mit den Raphaelschen Werken messen darf. Wie geschätzt der Meister war, ergiebt sich daraus, daß ihn König Franz I. von Frankreich an seinen Hof berufen

^[Abb.: Fig. 532. Fra Bartolomeo: Maria erscheint dem hl. Bernhard.

Florenz, Akademie.]