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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei des 16. Jahrhunderts

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Die Malerei des 16. Jahrhunderts.

hatte, wo er an Stelle Lionardos, der kränklich und arbeitsunfähig geworden war, die französische Kunst beleben sollte. Leider blieb der Meister nicht dort, wo er unter günstigen Umständen hätte schaffen können.

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Sodoma. In dieser Zeit, da allenthalben in Mittel- und Oberitalien der Malkunst seltene Blüten entsprossen, erwachte nun auch in einer alten Kunststätte das erstorbene Kunstleben wieder. Siena hatte im 15. Jahrhundert einen Niedergang seiner Malerei zu verzeichnen, welcher die einst bedeutsame sienesische Schule völlig in den Hintergrund treten ließ. Sie war derart rückständig, daß sie gar keinen Anteil an der allgemeinen Entwicklung hatte und aus sich selbst auch keinen Wiedererwecker hätte zeugen können.

Den Aufschwung brachte ein Fremder, der Piemontese Giovanni Antonio Bazzi, genannt Sodoma (1477-1549), der nach Lionardo sich ausgebildet hatte und dessen Kunstgeist nach Siena brachte, wo er sich 1501 niederließ. Durch eine Reihe von Wandgemälden im Kloster Monte Olivetto lenkte er die Aufmerksamkeit auf sich und zwar in dem Maße, daß er sogar nach Rom berufen wurde, um die Wandgemälde im Siegelsaal auszuführen. Seine Leistungen, die denn doch zu wenig selbständige Eigenart verrieten, befriedigten aber nicht, und so trat Raphael an seine Stelle, der den größten Teil der bereits fertigen Malereien herunterklopfen ließ und nur die Anordnung des Zierwerks beibehielt. Diese Niederlage scheint den hochbegabten Künstler angespornt zu haben, sich von den Schuleinflüssen zu befreien, und es gelang ihm dies in der That derart, daß er wenige Jahre später (1514) gerade in Rom seinen Ruhm dauernd begründen und sich sogar einem Raphael an die Seite stellen konnte.

Der päpstliche Bankier Agostino Chigi, der seine Villa (Farnesina) zu einem wahrhaften "Kunstmuseum" machte, hatte schon Raphael gedrängt, dieselbe mit Wandgemälden zu schmücken. Der Vielbeschäftigte vermochte aber nur eines (die "Galatea") auszuführen. Chigi berief nun Sodoma, welcher auch insofern der "richtige Mann" war, als seiner künstlerischen und menschlichen Natur die zu behandelnden Stoffe besser zusagten als Raphael. Es handelte sich um Darstellungen aus dem antiken Sagen- und Geschichtskreise, und Sodoma fand sich trefflich in den Geist des Altertums hinein, da er von vornherein schon eingehender mit der Antike sich befaßt hatte. In diesen Wandgemälden - das hervor-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 533. Francia Bigio: Madonna del Pozzo.

Florenz, Uffizien.]