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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Malerei des 16. Jahrhunderts

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Die Malerei des 16. Jahrhunderts.

und den Sienesen des 15. Jahrhunderts; diese mit ihrer reizlosen Härte und flauen Farbe, und jener mit seiner weichen Anmut und schönen Farbenstimmung. Daß der Meister nun in Siena die Führerschaft erhielt und zahlreiche Künstler sich ihm anschlossen, ist daher wohl begreiflich.

Peruzzi. Beccafumi. Unter diesen Nachfolgern sind der Baumeister Baldassare Peruzzi und Domenico Beccafumi die hervorragendsten. Der erstere, welcher gleichfalls auf allen drei Kunstgebieten thätig erscheint, besaß unleugbar auch eine hohe malerische Begabung, verfiel jedoch in seinen Gemälden in eine gewisse Uebertreibung, weil er mit allen großen Malern seiner Zeit wetteifern wollte und daher deren besondere Eigenheiten bei seiner Nachahmung auf die Spitze trieb. Beccafumi dagegen, der getreueste Mitarbeiter Sodomas, hatte sich zwar eine hohe Kunstfertigkeit angeeignet, die ihn befähigte, an der Seite des Meisters ganz in dessen Kunstweise zu schaffen; es fehlte ihm aber die Selbständigkeit, um aus eigenem Geiste jene Art fortzubilden.

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Ferrara. In der blühenden Landschaft Emilia, die zwischen der Adria, dem unteren Po-Thale und dem Apennin liegt, hatte die Kunst von jeher eine eifrige Pflege gefunden. Die ansehnlichen Städte waren Sitze von Herrengeschlechtern, die allerdings die bürgerliche Freiheit vernichtet hatten, aber ihre "Unterthanen" für den Verlust derselben durch Glanz und Pracht der Hofhaltung entschädigten. - Ein solcher Fürstensitz war Ferrara, wo zu Ende des 15. Jahrhunderts Cosimo Turra und Lorenzo Costa die heimische Kunst würdig vertreten hatten. Letzterer hatte sich später dem Bolognesen Francia angeschlossen und seine Malweise, die übrigens einen "Mischstil" darstellt, im Sinne anmutiger Schönheit und des Farbenreizes verbessert. Aus seiner immerhin gediegenen Schule gingen Dosso Dossi (1479-1542) und Benvenuto Tisi da Garofalo (1481-1559) hervor, denen eine gewisse Bedeutung zukommt. Letzterer bildete das "Anmutige" heraus und namentlich seine kleinen, ungemein sorgfältig ausgeführten Bilder sind von großem Reiz trotz ihres kalten Farbentones.

Im geraden Gegensatz zu ihm zeichnet sich Dosso Dossi durch die außerordentliche Leuchtkraft seiner Farbengebung aus, in welcher Hinsicht er alle Ferraresen überragt. Auch sonst ist er der bedeutendste der ganzen Schule Costas, deren Eigentümlichkeiten wie auch sein eigenes Können in dem Madonnenbilde von S. Andrea (jetzt in der Galerie) deutlich hervortreten.

Ein gewisser Schwung und heitere Stimmung liegen schon in dem Aufbau der Gruppe, in dem Ausdruck der Gestalten und nicht zum geringsten auch in dem Landschaftlichen, welches mit einem beachtenswerten Naturgefühl aufgefaßt erscheint.

^[Abb.: Fig. 535. Dosso Dossi: Madonna.

Ferrara. Städtische Gemäldesammlung.]