Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

706

Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

Ausdrucke, auch in den Bewegungen, die immer lebendig und kraftvoll sind. Seine auf das Erhabene und Großartige gerichtete Kunstweise konnte daher auch eher Anklang finden, als jene Caravaggios, und man ließ sich die Lebenswahrheit gefallen, weil sie doch über das Gewöhnliche hinaus gesteigert erschien.

Ribera hatte daher nicht nur in Spanien, sondern auch in Italien eine ziemliche Anzahl von Nachfolgern, so daß die neapolitanische Schule längere Zeit einen gewissen Einfluß behielt, ja im 18. Jahrhundert sogar zu einer, allerdings nicht gerechtfertigten Bedeutung gelangte. Dies verdankte sie freilich mehr dem Umstande, daß sie den ursprünglichen "Naturalismus" erheblich gemildert und dafür vieles von der Richtung der Ziermalerei angenommen hatte. Dieser Mischung begegnen wir bereits bei Luca Giordano (1632-1705) genannt Fapresto (der Blitzmaler). Der hauptsächlich ob seiner erstaunlichen Fruchtbarkeit und Handfertigkeit (er malte wandgroße Bilder in wenigen Tagen fertig) bemerkenswert ist. Begabung und Sinn für das Malerische war bei ihm vorhanden, seinen Werken fehlt jedoch der innere Gehalt; es sind oft geistvoll, nicht selten aber auch schleuderhaft behandelte Farbenstücke, die nur schmuckhaft wirken und das Auge blenden sollen.

Salvator Rosa. Eine selbständige Stellung nimmt dagegen der mittelbar auch aus Riberas Schule hervorgegangene Salvator Rosa (1615-1673) ein, unstreitig der bedeutendste Landschaftsmaler, den Italien in diesem Zeitraume aufzuweisen hat. Die Hauptmeister des Cinquecento, auch die Caraccis, hatten der Landschaft zwar ihre Aufmerksamkeit gewidmet, doch wurde sie selten als selbständige Hauptsache behandelt und ausschließlich in den Vordergrund gestellt. Für die italienische Kunst blieb das Menschliche immer der vornehmste Gegenstand der Darstellung, dessen man nicht entbehren zu können glaubte. Salvator Rosa hatte schon landschaftliche Naturstudien in den Gebirgen und an der Küste Süditaliens gemacht, ehe er zu dem Schlachtenmaler Falcone in die Lehre kam. Von diesem nahm er zwar die Darstellung von Gefechtsvorgängen auf, aber seine eigentliche künstlerische Neigung blieb dauernd dem Landschaftlichen gewidmet, das in allen seinen Bildern die erste Rolle spielt, ob sie nun Schlachten, biblische, mythologische oder geschichtliche Vorgänge vorstellen sollen. Dabei bekundet er eine Vorliebe für das Abenteuerliche, das "Phantastische" und "Romantische", wie man sie bei keinem anderen Italiener, nur bei Niederländern und Deutschen findet. Diese Hingabe an die Einfälle einer lebhaften Einbildungskraft ist für seine Eigenart ebenso bezeichnend, wie das tiefe Verständnis für die "Stimmungen" der Natur. Seine Landschaften sind nicht Wirklichkeitsbilder, sondern künstlerisch zusammengestellt, aber jeder einzelne Zug ist naturwahr, aus gewissenhafter Beobachtung der Wirklichkeit hervorgegangen und mit einem feinen Empfinden für das innerste Wesen der Natur verwertet. Durch den Gegensatz starker Lichter und tiefer Schatten erzielt Salvator eine mächtige Wirkung; das Spiel der Wolken, die Wildnis der Gebirgsschluchten, die Großartigkeit der Meeresküste, hatte in ihm einen meisterhaften Schilderer gefunden, der mit dichterischer Kraft den Reiz der unbeseelten Natur in ihrer schwermütigen Einsamkeit erfaßte und wiedergab (Fig. 674). Das Anmutige und Heitere lag seinem

^[Abb.: Fig. 677. Sassoferrato: Madonna.

Venedig. Maria della Salute.]