Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts

742

Die Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts.

Kaisers Rudolf II. nach Prag berufen wurde. Er steht zwar dem Ersteren hinsichtlich der Sicherheit in der Formgebung nicht nach, ist jedoch noch unselbständiger; seine Gestalten sind gefällig, aber ohne besonderen Ausdruck und gleichen einander zu sehr.

Mehr ursprüngliche Begabung verrät ein anderer Hofmaler Rudolfs, Johann Heinz (1565-1609), insbesondere im Bildnis.

Neben den beiden Vorgenannten, die ganz in der italienischen Art befangen sind, war am Prager Hofe auch noch der Niederländer Bartel Sprangher thätig, der in seinen großen Allegorien die Prunkhaftigkeit und in den Tafelbildern die sinnliche Formenfülle eines Rubens nachahmt. Bezeichnend ist überhaupt, daß diese Hofmaler mit besonderer Vorliebe jene "antike Stoffe" behandelten, welche Gelegenheit zur Darstellung des Nackten gaben (Fig. 706).

Elsheimer. Frankfurter Schule. Die heimische deutsche Kunstweise war aber doch nicht ganz verloren gegangen; in Frankfurt a. M. hatte sich eine Schule erhalten, die noch die Ueberlieferungen Grünewalds pflegte. Aus dieser ging Adam Elsheimer (1578-1620) hervor, der unter allen Zeitgenossen noch am meisten echt deutsche Art bewahrte, obwohl er größtenteils in Italien lebte und in der Farbengebung Correggio zum Vorbild nahm. Dies prägt sich am trefflichsten in den Landschaften aus, welchen er mit dichterischer Auffassung einen Gehalt von Stimmung verlieh, wie dies nur bei Vertiefung in die Natur und inniger Empfindung möglich war. In seinen Werken erscheint das Landschaftliche fast mehr als Hauptsache, dem das Figürliche angepaßt ist; immer aber stimmt beides zusammen und ergiebt eine völlig einheitliche Wirkung des Ganzen (Fig. 707).

Leider fand Elsheimer unter seinen Landsleuten keine Nachfolger - die Holländer wußten ihn besser zu würdigen - vielmehr wandten sie sich einer andern fremden Art zu, welche durch die Hofgunst gefördert wurde. Wie bereits erwähnt, war nach Prag der Niederländer Sprangher berufen worden, und der Hof zu München verschrieb sich Pieter de Witte, der nicht nur als Maler, sondern auch als Bildhauer hier thätig wurde. Die niederländische Kunstweise war in Mode gekommen, und die Deutschen beeilten sich nun, aus den Niederlanden ihre Bildung und Schulung zu holen.

Die Nachahmer der Niederländer. Sandrart. Immerhin war es doch eine etwas mehr, als die italienische, stamm- und geistesverwandte Richtung, welche nun an Einfluß gewann. Die bedeutendste Erscheinung unter denen, welche diese Bahn einschlugen, ist der Frankfurter Joachim Sandrart (1606-1688), so wenig Selbständigkeit er auch besitzt. Er schwankt zwischen verschiedenen Vorbildern hin und her, die er jedoch mit Geschmack und großer Geschicklichkeit trefflich nachzuahmen weiß, so daß seine Arbeiten als beredte Zeugnisse für die Anpassungsfähigkeit der damaligen Deutschen gelten können. Ein besonderes Verdienst erwarb sich Sandrart noch als Verfasser des kunstgeschichtlichen Werkes "Teutsche Akademie der edlen Bau-, Bild- und Malerei-Künste", welches uns wertvolle Nachrichten über damalige Kunst und Künstler giebt. Von den Niederländern übernahm man auch die Pflege des Tierstückes und der Stillleben-Malerei.

In ersterer Gattung leistete die Familie Roos (Vater und vier Söhne)

^[Abb.: Fig. 707. Elsheimer: Die Ruhe auf der Flucht nach Aegypten.

Wien. Kaiserl. Gemäldesammlung.]