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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Marmelade aus Hagebutten

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Abendbrot sich stundenlang hinauszögert. Die Kinder trödeln auf dem Schulwege, denn Papa ist ja doch noch nicht zu Hause, die Hausfrau selbst vermag keine rechte Einteilung zu machen, kann niemals mit Sicherheit über ihre Zeit verfügen, ist stets an die Launen ihres unpünktlichen Gatten gebunden. Die Mahlzeiten verlaufen ungemütlich, weil das Essen entweder verprutzelt oder nicht ganz gar ist, und die allgemeine Laune ist höchst unbehaglich.

Für die Hausfrau gibt es da nur ein Allheilmittel - die eigene Pünktlichkeit. Niemals darf der Gatte mit Fug und Recht sagen dürfen: "Du hast mich auch warten lassen." Ganz besonders den Eigenarten, den kleinen Schwächen ihres Mannes in Bezug auf Pünktlichkeit muß sie Rechnung tragen. Braucht der Gatte niemals zu warten, auf Mittagbrot, auf frische Wäsche, auf den Beginn des Spazierganges, auf alles, was er beanspruchen und erwarten kann, dann darf auch die Frau mit Fug und Recht vom Mann Pünktlichkeit beanspruchen. Und nach und nach wird dann auch der Herr und Gebieter pünktlicher werden. Das Gewissen wird ihm schlagen, wenn er im Freundeskreise die Stunde versäumt, er wird vielleicht auch seine Berufsarbeiten beschleunigen können und wollen, um pünktlicher in der Familie zu erscheinen. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg! Der Wille muß eben geweckt und angespornt werden. Und das kann jede kluge und gute Frau bei ihrem Mann erreichen. Freilich nicht von heute auf morgen. Aber ganz langsam wird der Mann einsehen, daß Pünktlichkeit der bessere Teil ist. Und ist er nur erst einmal in einem Stück pünktlich, dann wird er's auch bald in andern. Merkt er erst, daß das Mittagsbrot ganz anders schmeckt, wenn es zur rechten Zeit aufgetragen und verspeist wird, merkt er, daß die Gattin ihn heiter empfängt, wenn er pünktlich am Abend nach Haufe kommt, dann lernt er sich nach und nach "einrichten". Und dies "Einrichten" ist ja schließlich die Grundlage zu allem Familienglück. Einrichten müssen sich ja von Anfang an dte Ehegatten miteinander, einrichten muß man die Ausgaben und Einnahmen, einrichten muß man sich auch mit seiner Zeit - der Pünktlichkeit.

In einer wohleingerichteten Häuslichkeit darf es zwei Dinge gar nicht geben - warten und warten lassen!

Marmelade aus Hagebutten.

Nicht nur die schönen, großen, prächtig rot gefärbten Früchte der in den Gärten gepflanzten Hagebutten, auch Apfel-Rose oder Rosenapfel genannt (Rosa pomifera und Rosa rugosa Regeliana - Zier- und Nutzpflanze zugleich), sondern auch die kleinen wildwachsenden Hagebutten liefern eine geschätzte Marmelade. Daß die ersteren vor den letzteren den Vorzug verdienen, ist selbstverständlich.

Die Hagebutten müssen ihre volle Reife erlangt haben, was der Fall ist, wenn sie sich vom Strauch leicht lösen lassen; überreif dürfen sie aber auch nicht sein, da sie sich dann, weil bereits weich geworden, schwer putzen lassen. Zu diesem Zweck werden sie von Stiel und Kelch (Blume) befreit, der Länge nach durchgeschnitten, mit Hilfe eines silbernen Löffelchens entkernt und in klarem Wasser rein abgewaschen.

Die eigentliche Herstellung der Marmelade geschieht dann unter Berücksichtigung der trockenen Beschaffenheit des Hagebuttenfleisches am vorteilhaftesten nach folgenden beiden Methoden.

Erste Zubereitungsart. Mit Wasser werden die gereinigten Hagebutten in einem geeigneten Gefäß ganz weich und unter Rühren kurz eingekocht. Den Brei streicht man durch ein Sieb, tut das durchgestrichene Mark in kleinen Mengen in geläuterten Zucker (hierzu werden die Zuckerstücke in helles Brunnenwasser getaucht und im Kessel oder Topf auf das Feuer gestellt und klar gekocht, wobei fortwährend abgeschäumt wird) und läßt es mit diesem zusammen einigemale tüchtig aufkochen, indem man dabei rührt, am besten in Form einer 8, und das Gefäß öfter vom Feuer zieht, um das Anschlagen zu verhüten. Auf 1kg Mark kommt höchstens 3/4kg Zucker.

Zweite Zubereitungsart. Man füllt die geputzten und abgeschwenkten Hagebutten in einen Steinguttopf und stellt sie darin gut zugedeckt so lange in den Keller, bis sie weich werden. Dies tritt oft erst nach 8 Tagen ein. Während dieser Zeit rührt man sie täglich mit einem Holzlöffel um. Sind die Früchte weich geworden, zerquetscht man sie und treibt sie durch ein Haarsieb oder die Passiermaschine, um das Fruchtfleisch von den Hülsen zu trennen. Für jedes Kilo des so gewonnenen Markes läutert man in derselben Weise, wie bei der ersten Zuberettungsart angegeben, 3/4kg Zucker, gibt das Mark hinein und kocht es unter fortwährendem, in Form einer 8 ausgeführten Rühren so lange, bis es dick genug erscheint, etwa 15-20 Minuten lang. Je kürzer die Kochzeit, desto schöner wird die Marmelade.

Durch Zugabe von etwas Zitronensaft oder Zitronenschale erhält die Hagebutten-Marmelade einen kräftigeren Geschmack.

Die Aufbewahrung sämtlicher Marmeladen geschieht entweder in Steinguttöpfen oder Gläsern (Geleegläser, Honiggläser). Letztere sind vorzuziehen, da sich in ihnen die Farbe des Eingekochten dem Auge in voller Schönheit darbietet. Diese Gefäße müssen auf das Peinlichste gesäubert, womöglich ausgekocht und tüchtig ausgetrocknet werden. Ratsam ist es, vor dem Füllen die Gläser und Töpfe zum Abtöten etwa noch vorhandener, das Verderben verursachender Pilze auch noch auszuschwefeln, indem man sie