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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Etwas vom Bilderaufhängen; Zum Erntesegen

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus. XIII. Band. Nr. 14

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12. Zürich.

1903. 3. Oktober. Inhalt: Zum Erntesegen. - Etwas vom Bilderaufhängen. - Wintersalate. - Gesundheitspflege. - Haus- und Zimmergarten. - Einmachkunst. - Hausmittel und Rezepte. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.

Zum Erntesegen.

"Wer glücklich ist, wird seines Glückes

Durch edles Wohltun sich bewußt.

Heilt Wunden schweren Mißgeschickes,

Und Kummer in des Bruders Brust."

Wann wäre die Mahnung, die in den Worten des Dichters liegt, wohl eher am Platze als zur Zeit der Ernte? Eingeheimst sind die mancherlei Früchte des Feldes und Gartens, noch verfügt man über viele Kinder Floras, die Weinberge stehen in verheißungsvoller Fülle, die Sorge, die uns bang, zum oft unheilschwangern Firmament hinaufsehen ließ, ist gebannt: wir haben Brot und sehen den Tagen, da kein Mensch erraten kann, mit Ruhe entgegen. Aber nicht alle! Wie mancher hat weder Huf noch Halm, wie manchem ist das Wort "Ernte" ein leerer Schall, wie viele darben und stehen abseits vom reichgedeckten Tische eines gesegneten Herbstes und wären herzensfroh um die herabfallenden Brosamen! An Euch. Ihr Glücklichen, ist es, sie in bescheidener Weise an Euerm Segen teilnehmen zu lassen. Ein Blumengruß einem Kranken, hie und da ein Körbchen Obst bedürftigen Kindern, ein Gemüse der nachbarlichen armen Hausfrau, ein stärkender Trunk den Bresthaften und Schwachen, und wenn es die Mittel erlauben, ein Sack Kartoffeln oder etwas klingende Nachhilfe zum mancherorts so sehr gefürchteten Martinitermin - das wären die dem Himmel am wohlgefälligsten Dankesbezeugungen für die Fülle, die Euch durch seine Gnade geworden ist! Wohltun bleibt ja stets die reinste Freude eines liebevollen Menschen - das Bewußtsein, in den Leidensbecher eines Mitmenschen auch nur einen Tropfen erquickenden Freudenweins gegossen zu haben, wiegt alles Selbstvergnügen im eigenen Glücke tausendfach auf!

So geschehe es! D. R.

Etwas vom Bilderaufhängen.

Von K. Winzer.

(Nachdruck verboten.)

"Schmücke dein Heim" ist heute ein vielgebrauchtes Schlagwort und jeder findet es selbstverständlich, daß der Raum unseres täglichen Aufenthaltes geschmückt uns viel wohnlicher, anheimelnder erscheint. Der Mensch mag daher eine Bildungsstufe einnehmen, welche noch so niedrig ist, wir finden ihn doch eines Tages damit beschäftigt, irgend ein Bildchen den Wänden seiner Behausung anzuheften. Der ästhetische Sinn ist also doch noch nicht aus seinem Innern geschwunden. Wenn er auch nur schwach dort flackert, ist er doch da. So finden wir vom tief in der Bildungsrangleiter stehenden Arbeiter bis zum Hochgebildeten hinauf das eine Bedürfnis, das Zimmer zu schmücken. In der Art und Weise, wie sich dieser Drang aller Menschen zeigt und seine Bilder wählt, herrscht natürlich die größte Mannigfaltigkeit. Der Arme begnügt sich mit dem Bildchen, das ihm die Sonntagsnummer seiner Zeitung bringt, der Gebildete der kleinen Stadt erlaubt sich schon ein Oelbild und kauft es beim Kunsthausierer, der besser Situterte legt sich einen Stich zu, und so geht der Geschmack hinauf bis zum wirtlich Gebildeten, der zur Vervollständigung seiner Sammlung hier und dort Aufträge erteilt. Die stoffliche Seite dieses Tuns soll uns weniger interessieren, sie ist zum großen Teil mehr vom Geldbeutel als vom Geschmack abhängig; und mancher Leser würde sagen: "Ganz nett, aber ..." Wir wollen einmal ganz außer acht lassen, womit wir unser Zimmer schmücken, sondern uns mit dem beschäftigen, wie es geschieht.

Ich wurde auf diesen Gedanken gebracht durch einen Besuch, den ich vor einigen Wochen von Amtswegen bei den Spitzen einer Mittelstadt machen mußte. Ich hatte schon das Innere von drei Villen kennen gelernt und befand mich nun durch die Findigkeit eines vierzehnjährigen Bübleins im "guten Zimmer" des Herrn, der die vierte Stelle in meinem Notizbuch einnahm.