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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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erweicht und die Früchte einsinken. Gedämpfte Früchte sind am einladendsten, wenn die rundliche Außenseite nach oben gewandt ist. Apfelmus legt man mit feingeschnittenen Mandeln, Korinthen und Rosinen aus. Für Beerenobst eignen sich Glasschüsseln ohne Fuß am besten, man ordnet die Früchte aus einer Unterlage von Blättern, welche gleichzeitig den Rand der Schale decken. Zum Aufbau der Aepfel wähle man nur eine auf hohem Fußgestell ruhende Schale, worin man die Früchte mit Blättern und Ranken von wildem Wein, Epheu oder Immergrün verziert. Zuerst ordnet man auf einer Blattunterlage die schwersten Obstsorten, Aepfel und Birnen, dann Pflaumen und Trauben, dazwischen Blätter und Ranken, letztere müssen tief über den Rand der Schale herabfallen. Zur Winterzeit kann man auch Moos zur Ausschmückung der Fruchtschalen verwenden, dasselbe wird vor dem Gebrauch einige Stunden in Wasser gelegt, wodurch es dann viel frischer erscheint. Sehr hübsch und malerisch nehmen sich die Früchte in dieser Moosunterlage aus, wenn man in der Mitte der Schale eine kleine Pflanze stellt.

Noch vieles ließe sich vom Garnieren und zierlichen Anrichten der Speisen sagen, denn die Phantasie hat hier einen großen Spielraum und es gibt Hausfrauen, denen es ein Bedürfnis ist, dem Alltäglichen einen idealen Schimmer zu verleihen und das Praktische und Notwendige möglichst zierlich zu gestalten. (P. in "Fundgrube").

Ueber weiße und braune Saucen.

1. Das Mehl. Gutes und nahrhaftes Mehl sieht gelblichweiß aus (weil es Bestandteile des gelblichweißen Klebers in sich hat), es soll sich trocken anfühlen, keinen muffigen Geruch haben, sich leicht ballen und ebenso leicht wieder zerfallen. Je weißer das Mehl, umsomehr Stärkemehl und weniger Eiweiß enthält es. Je mehr Flüssigkeit das Mehl beim Verarbeiten aufnimmt, umso besser ist es und umso besser gelingen die Gerichte, das Gebäck etc.

2. Weiße Sauce. Um eine gute weiße Sauce herzustellen, nimmt man auf 1 l Sauce 50 gr süße Butter und 60 gr Mehl. Die Butter wird in einem irdenen, kupfernen oder Email-Kasserölchen ^[richtig: Email-Kasseröllchen] erhitzt, bis sie klar ist, gibt dann das Mehl hinzu und rührt es auf dem Feuer, bis es Bläschen wirft, rührt dann diesen Mehlrost mit kalter Flüssigkeit, Bouillon, Weißwein, Milch oder Wasser an - je nach der Bestimmung der Sauce - rührt die Masse schön glatt und füllt dann mit heißer Flüssigkeit, Gemüsesud, Fisch- oder Fleischbrühe, Milch, Kalbfleischsud etc. nach. Da ein späteres Nachgießen den feinen gout ^richtig: goût] der Sauce verdirbt, so soll gleich am Anfang so viel Flüssigkeit zugegeben werden, daß die Sauce nach halbstündigem Kochen die rechte Dicke hat. Die Sauce darf aber nur langsam kochen, "ziehen", wie der technische Ausdruck heißt.

Während dieser Zeit wird sie gewürzt mit Salz und weißem Pfeffer. Will man die Sauce recht sorgfältig machen, so rührt man sie vor dem Anrichten über eine sogen. Liaison. Dazu gibt man in ein Saladier 12 Eigelb, eine halbe Tasse Rahm oder rohe Milch, einige Butterstücklein und einige Tropfen Zitronensaft. Die mit Liaison versehene Sauce darf aber nicht mehr kochen, höchstens in bain-marie aufgewärmt werden. Zu Fischen gibt man noch vorher einige Kapern in die Sauce.

3. Die braune Sauce. Diese ist nicht so einfach herzustellen wie die weiße und kommt auch teurer zu stehen. Anstatt Butter verwendet man zur braunen Sauce besser gutes Bratenfett, Schinken- oder Speckwürfel. Auf 1 l Sauce rechnet man 50 gr Fett und 80 gr Mehl. Da das Mehl beim Rösten ziemlich eingeht, so braucht es etwas mehr. Etwas geschnittene Zwiebel und Gelbrübe mitgeröstet, macht die Sauce kräftiger. Das Mehl wird nun in dem Fett sorgfältig hellbraun geröstet; zu stark geröstetes Mehl macht die Sauce bitter und gibt ihr einen Mehlsuppengout ^[richtig: Mehlsuppengoût]. Dann löscht man die Masse mit ⅓ Rotwein und ⅔ Jus oder starker Bouillon ab (hat man weder Jus noch Bouillon, so werden Knochen kleingehackt, mit Bratengewürz, Speckabfällen und Fett gebraten, mit Wasser und Wein abgelöscht und langsam zugedeckt einige Stunden ausgekocht), rührt die Sauce schön glatt und kocht sie langsam eine gute Stunde, schäumt sie gut ab und gibt zuletzt noch ein Gläschen Madeira dazu.

Koch- und Haushaltungsschule Schöftland.

"Unvorhergesehene" Ausgaben.

Ach, diese schrecklichen "unvorhergesehenen" Ausgaben! Sie sind wie jene sagenhaften Schlangenhäupter, die, immer wieder abgeschlagen, doch immer wieder von neuem emporwachsen. Da hat man mit Aufwand aller Spar- und Rechenkunst das Budget für den nächsten Monat, das nächste Vierteljahr aufgestellt. Man hat alles berücksichtigt, die Neuanschaffungen für den Winter, die Steuern, die Feuerung, das Schulgeld für die Kinder.

Mit Mühe und Not sind Ausgaben und Einnahmen ins Gleichgewicht gebracht und die paar Spargroschen herausgerechnet. Ueberall ist geknapst und gestrichen worden, oft an recht Notwendigem. Die Schulhüte für die Kinder werden nochmals aufgefrischt, Vater verzichtet auf den Winterüberzieher, den er doch so redlich verdient hat, Mutter überlegt, daß sie eigentlich diesen Winter kein neues Kleid braucht. Schließlich geht es!