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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Kochschule und Ratgeber für Familie und Haus

XIII. Band. Nr. 30

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12. Zürich.

1904. 23. Januar. Ueber Kinderernährung in kranken Tagen. - Für fleißige Hände. - Sollen unsere Töchter das Schneidern erlernen? - Die Absinthseuche. - Italienische Küche. - Wie soll man Eier genießen. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate

Ueber Kinderernährung in kranken Tagen.*)

Wenn ich mich entschlossen habe, den Erläuterungen über Kinderernährung in gesunden Tagen noch einen Abschnitt beizufügen, der über die Ernährung eines kranken Kindes beherzigenswerte Aufschlüsse geben soll, so veranlassen mich hiezu hauptsächlich die vielen Verkehrtheiten, die ich diesbezüglich von seiten verschiedener Eltern begehen sehe, nicht etwa aus böser Absicht, sondern aus Unwissenheit. Es läßt sich dies ohne Schwierigkeiten aus der alltäglichen Praxis beweisen. Leidet z. B. ein Kind mit fieberhaftem Magendarmkatarrh, also mit Erbrechen und Durchfällen, infolgedessen an heftigem Durst, so gibt ihm die besorgte Mutter häufig genug Limonade als durstlöschendes Getränk. Dies kann die Krankheit in gefährlicher Weise verschlimmern. Anfangs zeigt sich der Kranke befriedigt, sein Durstgefühl ist für den Augenblick gestillt. Bald aber treten Austreibung des Unterleibs, Blähungen und vermehrte Stuhlentleerungen auf, die die ohnehin geschwächte Lebenskraft des zarten Menschleins noch mehr reduzieren. Wollen wir den Durst eines fieberkranken Kindes so gut wie möglich löschen, so wählen wir hiefür besser einen harmlosen Thee, wie Lindenblüten, Pfeffermünz-, Brombeerblätter oder einen ähnlichen Thee, den wir mit genügend Zucker und ganz kühl den zitternden Händchen des durstigen Patientchens reichen. Er erfüllt seinen Dienst ebensogut, ohne die Krankheit durch Schädigung der Verdauungswege noch zu verschlimmern und jede Mutter versteht ihn zu bereiten.

Es ist wohl ohne weiteres klar, daß eine wohl erwogene, kluge Ernährung noch ungleich wichtiger sein muß bei einem kranken Kinde, das sich eben trotz seiner Krankheit im Stadium des Wachstums befindet, das also täglich neue, lebenskräftige Bausteine an seinem jungen Leib ansetzen soll. Auch hier läßt sich manchmal trotz schwächender Leiden eine ganz erfreuliche Gewichtszunahme erreichen. Ich kenne Kinder von wenigen Monaten, die ungeachtet zahlreicher täglicher Durchfälle durch zweckmäßige Nahrung sichtlich gediehen, auch wies die Wage eine ordentliche Gewichtsvermehrung auf. Die gereichte Kost wog demnach nicht allein den durch die Krankheit hervorgerufenen Substanzverlust auf, sie gestattete sogar noch einen bescheidenen Körperansatz. Große Vorsicht und Umsicht ist allerdings beim Erwachsenen wie beim Kinde von nöten, um nicht zu schaden statt zu nützen.

Erkrankt ein Säugling an Erbrechen und Durchfall und hat er eine weißbelegte Zunge, so höre die Mutter nicht allzusehr auf den Rat von Nachbarinnen, von denen jeder wieder anders lauten wird. Sie entziehe ihm sofort die Nahrung, um auch so den Magen und Darm rasch von Nahrungsresten zu befreien. Man erkennt es rasch aus den Stühlen, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist. Es ist dies meistens schon nach einem Tag der Fall. Weil der kleine Körper aber durch seine Wasserverluste aus Magen und Darmkanal rasch an solchen verarmt, was sich in ernsten Fällen äußerlich durch trockene Zunge, eingefallene Fontanelle auf der Scheitelhöhe des Kopfes, matten Blick etc. kundgibt, so gebe man ihm löffelweise bis zur Ankunft des zu Rate gezogenen Arztes Kamillen- oder nervenanregenden Schwarzthee, eventuell mit einem Tropfen Cognac gemischt, um den durch die Wasserarmut der kindlichen Gewebe und des Blutes drohenden Gefahren möglichst rasch zu begegnen. Sind der Magen und Darm des kleinen Patientchens frei von schädlichen Inhaltsmassen, so mache man vorsichtige Versuche, dasselbe wieder besser zu ernähren, doch soll die Zusammensetzung der Nahrung so sein, als ob das Kind eben geboren worden wäre.

Ist man bei der Neugestaltung der Ernährung des genesenden hungrigen Kindes nicht

^[* Aus dem im Verlag von Th. Schröter, Zürich, erschienenen Büchlein von Dr. med. G. Rheiner: Wie wird dein Kind groß, stark, gesund?