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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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von über 40 Gästen besucht. Das Haus wird aber in Bälde seiner ursprünglichen Bestimmung, nämlich ein Kinderheim zu sein, übergeben werden.

Die sogenannte Arbeit am Bahnhof, d. h. die Inempfangnahme meistens unbekannter allein reisender junger Mädchen, wird nunmehr auch seit 15 Jahren betrieben. Der Bericht sagt: "Wenn von den zirka 5000 jungen Mädchen, denen wir im Laufe eines Jahres kleinere oder größere Dienste erweisen können, ein jedes uns von seinem Ergehen in der Fremde berichten könnte, wie vieles würden wir da zu hören bekommen, Erfreuliches und Trauriges! ..... Manche kommen glücklich und zufrieden aus dem Ausland zurück; man hat das Gefühl, ihr Aufenthalt in der Fremde habe seinen Zweck erfüllt und sie haben in den ungewohnten Verhältnissen manches gelernt. Andere hatten mit Heimweh zu kämpfen und erfuhren es reichlich, daß das Leben unter Fremden nicht immer so leicht ist, wie sie sich's gedacht hatten, aber sie haben sich doch durchgekämpft und unter mancherlei Schwierigkeiten ausgehalten. Noch andere und oft gerade diejenigen, die am zuversichtlichsten abreisten, kamen bitter enttäuscht zurück, teils weil die Stellen wirklich schlecht waren, teils ohne Zweifel, weil sie selbst für die ihrer wartenden Aufgaben ungenügend vorbereitet waren. So kam neulich ein vor wenigen Wochen erst durchgereistes junges Mädchen von Wien zurück; es war ihr nicht gelungen, durch das Bureau, das sie hatte kommen lassen, eine passende Stelle zu finden; so hatte sie ihr Geld umsonst verreist und wohin ihre junge 15jährige Gefährtin plaziert worden war, konnte sie gar nicht in Erfahrung bringen! -"

Noch immer, wenn auch nicht mehr so häufig wie früher, kommt es vor, daß 10- bis 18jährige Kinder nach Ungarn geschickt werden. So fanden wir letzten Sommer zwei kleine Mädchen aus Frankreich, neun- und dreizehnjährig, kein Wort deutsch sprechend, mit Zetteln um den Hals, die ihre Bestimmungsorte - entlegene Dörfer in Ungarn - enthielten; ihnen folgte dann etwas später noch eine nach Arad plazierte siebzehnjährige Schwester. Von keiner von ihnen haben wir bis jetzt Nachricht erhalten, obgleich sie so bestimmt versprochen hatten, uns bald über ihr Ergehen zu berichten, und auch die Eltern des einen Kindes, bei denen wir anfragten, hatten nur im Anfang ganz kurze Nachrichten erhalten!

"Noch immer kommt es vor, daß junge Mädchen ganz aufs Geratewohl in die Welt hinausreisen, ohne an ihrem Bestimmungsort jemand zu kennen oder auch nur eine sichere Adresse Zu haben; für solche Fälle sind wir dann ganz besonders froh über die Adressen unserer Heime und Plazierungsbureaux."

Das Komitee des Schweizer. Turnfestes in Zürich nahm den Vorschlag des Martha-Vereins, für die Kellnerinnen zu sorgen, mit Dank an und erleichterte die Aufgabe durch Ueberlassung der 260 nötigen Betten. Der Vorstand der "Freien Schule Zürich I" überließ in dankenswertester Weise zwei Etagen des schönen so nahe gelegenen Schulhauses zur Einrichtung von Schlafsälen. Jede der fünf Nächte hielten 4 bis 5 Damen die Aufsicht und sorgten für die zu später Stunde einrückenden müden Kellnerinnen. Das Hilfspersonal bestand aus 10 Personen: drei Ausläufer, vier Putzfrauen zur Reinigung der Kleider und Schuhe und zur Bereitung von Tee und Fußbädern und endlich drei mit allem Nötigen ausgestattete Samariterinnen. "Neben unliebsamen Erfahrungen", heißt es im Bericht, "hatten unsere Damen doch den Eindruck, daß viele der Kellnerinnen herzlich froh und dankbar waren für die ihnen zuteil gewordene Fürsorge über die so furchtbar strengen und so wenig Verdienst abwerfenden (!) Tage."

Koch- und Haushaltungsschule "Schönbühl" in Weggis. Am 7. Mai begann in der Koch- und Haushaltungsschule "Schönbül" ^[richtig: "Schönbühl"] in Weggis am Vierwaldstättersee ein neuer Kurs, zu welchem noch einige Töchter Aufnahme fänden. Wir möchten die Leserinnen dieses Blattes ganz besonders auf diese Anstalt; welche sich in prächtiger Lage befindet, aufmerksam machen.

Das Haus ist sehr sonnig und frei gelegen, die meisten Zimmer der Schülerinnen haben Aussicht auf den See und die Berge, sodaß der Aufenthalt im "Schönbühl" auch für erholungsbedürftige Töchter anzuraten ist.

Der Kurs dauert vier Monate, das Kursgeld beträgt Fr. 200, Unterricht, Kost und Logis inbegriffen. Der Unterricht erstreckt sich auf alle Gebiete der Haushaltung und wird von der Vorsteherin erteilt. In den weiblichen Handarbeiten unterrichtet eine sehr tüchtige Lehrerin. Ein Arzt leitet die Töchter in Gesundheits- und Krankenpflege an. An schönen Nachmittagen wird im Freien gearbeitet, sodaß sich die Töchter möglichst viel in guter Luft aufhalten; dazu kommen tägliche kleinere Spaziergänge.

Da "Schönbühl" im Dorfe liegt, so bietet der Aufenthalt mancherlei Kurzweil, denn im Sommer ist Weggis von Fremden aller Nationen belebt. Zudem haben die Kurstöchter Gelegenheit, das Konservieren von Obst und Gemüse zu erlernen und durch den Gemüsebau, der in Weggis musterhaft gepflegt wird, manches zu sehen und sich anzueignen, was zuhause wieder verwertet werden kann.

Wer sich näher um die Haushaltungsschule interessiert, verlange illustr. Prospekte von Frau Scherer-Amrein, Präsidentin des kantonalen Frauenvereins, Megen ^[richtig: Meggen] b. Lutern ^[richtig: Luzern]. Auch machen wir aufmerksam, daß erholungsbedürftige Frauen und Töchter, soweit Platz vorhanden ist, zu bescheidenem Preise Unterkunft im "Schönbühl" finden.