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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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in diesem Falle einen großen Teil der wertvollen Nährsalze entzieht.

Spinat, Salat, Lattich u.s.w. sind eisenhaltig und deshalb zur Blutbildung vorteilhaft, vorteilhafter als die gepriesenen Eisenpräparate. Der Salat sollte aber für Kränkliche nie mit Essig, sondern mit Zitronensaft gesäuert oder dann wie Spinat als Gemüse gekocht werden.

Sollen Spinat, Mangold, Federkohl u.s.w. abgekocht werden, so bringe man sie in siedendes Salzwasser und zwar nur in kleinen Portionen. Sehr große Portionen koche man in zwei- oder mehr Malen ab. wobei jedoch zu beachten ist, daß das Wasser immer wieder sieden muß, bevor eine neue Portion eingelegt wird. Kocht das Wasser soweit ein, daß man nachgießen muß, so darf dies nicht mit kaltem, sondern mit heißem Wasser geschehen. Bei allen Gemüsen, welche hübsch grün bleiben sollen, darf der Deckel während des Kochens nicht fest aufliegen, sondern muß entweder ganz entfernt werden, oder dann durch einen unterlegten Kochlöffel (Holzkelle) so lose zu liegen kommen, daß der Dampf an den Seiten entweichen kann.

Ganz junge Frühjahrs- und zarte Sommergemüse, wie junge Erbsen, Zuckerschäfen ^[richtig: Zuckererbsen oder Kefen], zarte Karotten, auch Tomaten, werden am besten, wenn man sie nicht vorher abkocht, sondern frisch mit Butter, Petersilie, Gewürz und Fleischbrühe dämpft und die Sauce mit einem kleinen Mehlzusatz bindet. So behalten sie ihre Farbe und ihr Aroma bei.

Weniger zarte Gemüse, wie große Bohnen und dergl. werden erst mit kochendem Salzwasser gebrüht oder aufgekocht und erst nachher noch gedämpft oder in Salzwasser fertig gekocht.

Das Kochen und Dämpfen der Gemüse geschehe nie bei zu großer Flamme. Sie sollte nie höher an dem Kochgeschirr "emporlecken", als die darin befindliche Speise reicht, wenn diese nicht viel von ihrem Wohlgeschmack einbüßen soll. Schlägt die Flamme aber gar herein, so nimmt die Speise einen Brandgeruch an und Aroma und feiner Geschmack sind verloren. Ueberhaupt sollte man sich den Grundsatz der französischen Küche zu eigen machen, daß man nur bei kleinem Feuer gut kochen kann.

Ist einmal ein Gemüse angebrannt, so gilt es zu retten, was noch zu retten ist. Ich nehme an, es sei nur eine Lage angebrannt; denn so etwas riecht man, ehe alles verdorben ist. Man nimmt nun rasch und behutsam das noch gute oben ab in ein anderes reines Kochgeschirr und kocht es mit anderem Wasser völlig weich oder bereitet eine andere Sauce oder Mehlschwitze mit Fleischbrühe. Niemals aber, und wenn die angebrannte Stelle nicht größer sein sollte als ein Zweifrankenstück, behelfe man sich damit, einfach Wasser in das gleiche Geschirr nachzugießen oder von dem schon Angebrannten noch zu nehmen, sonst bekommt die ganze Speise den unangenehm-brenzlichen Geruch und Geschmack, der einem allen Appetit verdirbt.

Gemüse, welche ganz bleiben sollen, rühre man nicht emsig mit dem Kochlöffel um, sondern schwenke sie blos zuweilen in ihrem Gefäße. Um großen Blumenkohl (Karviol ^[richtig: Karfiol]) ganz zu erhalten, kann man ihn in eine eigens dazu bestimmte Serviette binden, den Kochlöffel durch die kreuzweise geknüpften Enden schieben und den Kohl so in siedendes Salzwasser oder in siedende Fleischbrühe hängen. Selleriewurzeln, die als Heilmittel gegen rheumatische Schmerzen gelten, werden am besten erst ganz in Fleischbrühe gekocht und erst dann in Scheiben geschnitten, ebenso Randen zu Gemüse und Salat. Damit letztere ihre schöne rote Farbe behalten, schneidet man das Kraut nicht zu nahe ab und verletzt die Wurzel nicht, kocht die Randen mit der Schale, läßt sie im Siedewasser erst ererkalten ^[richtig: erkalten], ehe man sie schält und in Scheiben schneidet.

Wenn wir die Gemüse in reicher Abwechslung zu Tische bringen und wohlverstanden auch gut und sorgfältig zubereiten, so brauchen wir nicht nicht ^[richtig: nicht Ø] gar so sehr über die hohen Fleischpreise zu jammern. Berechnen wir die Gemüseportion gut und reichlich, dann braucht, namentlich für Kinder, die Fleischration nicht gar so groß zu sein; man hat doch eine kräftige gesunde Mahlzeit. Also recht viel gute grüne Gemüse, solange sie zu haben sind. H.

"Ich bitte um Arbeit!"

Schon seit einer Reihe von Jahren begegne ich vielfach dem Rufe: "Ich bitte um Arbeit!" Und meistens sind die Bittstellerinnen Frauen mit größeren Familien, Frauen, die das Leben von der Schattseite in verschiedenen Variationen kennen lernten. Sie wollen nicht Geld, sie wollen Arbeit, trotz der großen Not, welche sie drängt und plagt. Wer um Arbeit bittet, dem sollte gegeben werden können. Aber die Sache hat ihre Häklein! Kommt eine solche Frau in ein großes Geschäft, dann weist man ihr Arbeit zu, die meist sehr schnell abgeliefert werden muß, aber selten gut bezahlt wird. Versucht die Arbeiterin Einwendungen zu machen, so ist sie meist sicher, wieder arbeitslos da zu stehen.

Oft wird engagiert, indem man der Arbeitsuchenden verspricht, sie habe das ganze Jahr hindurch Beschäftigung. Die Arbeit wird zwar nicht hoch bezahlt, doch summiert sie sich, wenn man auf ständige Zuweisung rechnen kann. Aber o weh! ist die Hauptsaison vorbei, wird der Arbeiterin bedeutet, die Geschäfte gehen so schlecht, daß man nicht mehr Arbeit außer Haus geben kann. Da steht die Frau da und - bittet weiter um Arbeit! Wo soll sie bitten?

Ein Inserat in der Zeitung, das schon der Kosten wegen klein und unauffällig sein muß,