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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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erfolgt durch aufmerksames Hören und Nachahmen der gehörten Worte. Diesen natürlichen Entwicklungsgang nicht zu stören, ist die erste Aufgabe der geistigen Erziehung des Säuglings. Namentlich mutz alles fern gehalten werden, was die sinnliche Wahrnehmung vorzeitig anreizt, was das Kind unnötig erregt und in ihm den Grund innerer Unruhe und Zerfahrenheit legt. Man hüte sich. aus mißverstandenem Vergnügen an den geistigen Leistungen der Kinder ihre Aufmerksamkeit künstlich zu erwecken, ihre Kunststücke durch Dressur auszubilden, ihre Sprechversuche vorzeitig zu forcieren und ihnen mit solchen Anforderungen die Freude an der eigenen Beschaulichkeit zu nehmen. Je mehr der Säugling seine geistigen Fähigkeiten sich selbst erwirbt, desto bleibenderes Besitztum werden diese sein und desto mehr werden sie die Grundlage einer normalen Entwickeluna des Seelenlebens der späteren Jahre werden. Neben den sinnlichen Wahrnehmungen und den dadurch bedingten geistigen Fähigkeiten hat die seelische Erziehung des Säuglings die Entwickelung des Willens im Auge zu behalten. Man steuere vom ersten Lebenstage an allem, woran sich das Kind nicht gewöhnen soll, man gewöhne es an Regelmäßigkeit, Stetigkeit und Ruhe. die sich von der körperlichen in die geistige Pflege wie von selber umsetzt. Das Kind, das keine Nahrung bekommt, wenn es noch keine braucht, das auf dem Lager liegen bleiben muß, wenn es noch schlafbedürftig ist, das nicht herumgetragen wird, wenn es schreit, nicht geschaukelt wird, wenn es aufgeregt ist, wird einen normalen Willen erlangen, wird frei bleiben von Trotz und Eigensinn, und die Verwöhnung, die durch Gewährung aller seiner Wünsche hervorgebracht wird, bleibt ihm fremd zum Nutzen seiner geistigen Entwickelung und zur Freude derer, denen seine Pflege anvertraut ist.
Mr ffeißige Kinde.
Selbstanfertigung belehrender Spiele.
Bekanntlich vertreten alle Pädagogen den Standpunkt, dah man den systematischen Unterricht der Schule im Elternhause nicht unterbrechen und dem Schulplane etwa durch eigenen Unterricht vorgreifen soll. Aber darin find sie alle einig, daß die Kinder zu Hause durch Beaufsichtigung ihrer Schulaufgaben wie auch durch sogen, belehrende Sviele recht wohl gefördert werden können und dürfen; die Spiele sollten denn auch in Hinsicht ihres pädagogischen Wertes eine genaue Prüfung seitens der Eltern erfahren und nicht planlos angeschafft werden. Gibt es doch so mancherlei Spiele, teils aus früherer Zeit noch stammend, die gerade gut genug sind, um den Kindern die Ieit zu vertreiben, andererseits aber auch solche, welche nach dem Grund-
satz "durch Spiel zum Ziel" dem kindlichen Geist ohne Aufdringlichkeit und Anstrengung die Forderungen der Schule erleichtern und z. V. geschichtliche, geographische, mathematische, biographische, sogar fremdsprachliche Kenntnisse dem Gedächtnis viel besser und nachhaltiger einprägen, als dies je durch die Worte des Lehrers und der Bücher geschehen könnte.
Heute möchten wir Anregung geben zur Selbstanfertigung eines geographischen Geduldspieles und eines geographischen Lottos. Beide dienen zur Bereicherung geographischer Kenntnisse, die ja heutzutage besonders wertvoll sind, und wir können getrost behaupten, daß auch Erwachsene sich zu ihrem Vorteil im Kreise der Ihrigen gern mit solchen Spielen beschäftigen werden. Fragt man ein größeres Kind, welche Gestalt hat Sachsen oder Bayern oder dgl.  oder fragt man nach der Lage dieser oder jener kleinern Stadt, so wird das Kind selten mit unbedingter Sicherheit die Antwort geben. Das ist Beweis genug, daß alles Unterrichten auf der Landkarte nicht hinreicht, den Stoff zu beherrschen und daß es äußerst nützlich ist, auch den Geographieunterricht als Anschauungsunterricht daheim weiter auszugestalten und das Hilfsmittel des "Bildes" in ausgedehntem Maße zur Anwendung zu bringen. Die Grundlage hiefür kann natürlich nichts anderes als wiederum die Landkarte sein. Man kaufe sich eine Schweizerkarte oder eine solche von Deutschland, klebe diese fest auf ein dünnes Holzfournier und säge alle Einzelstaaten ihren Grenzen entsprechend mit der Laubsäge aus. So entstehen einzelne Holztafeln verschiedener Formen, die Kantone oder die Einzelstaaten darstellend, letztere werden zum "Bild" und man kann sicher sein, daß beim Wiederzusammenfetzen dieser vorher untereinander gewürfelten Bilder das Kind. sich viel schneller die genaue Form, die Größe und Lage der einzelnen Staaten einprägt, als durch bloßes Studieren der Landkarte. Immer wieder versucht es die ganze Schweiz oder das "gesamte Deutschland" durch Aneinanderfügen der einzelnen Teile zusammenzusetzen, bis schließlich die Kenntnisse so fest sitzen, daß die Aufgabe in einer Minute gelöst ist.
Ganz ebenso belehrend ist das geographische Lotto; hier ist der Hauptzweck, das Kind mit der genauen Lage von Städten bekannt zu machen, und auch die Anfertigung eines solchen Spieles bereitet nur wenig Mühe. Man klebt auch hier eine Landkarte auf ein starkes Holzfournier und zersägt dieses sodann in 10 bis 12 gleich große, längliche Brettchen, die unter die Mitspielenden verteilt werden. Nun schneidet man noch eine große Zahl kleiner runder Scheiben, welche zum "Decken" dienen und deshalb mit den Namen der verschiedenen Städte versehen werden Je mehr solcher Städtescheibchen vorhanden find, desto umfangreicher werden die Kenntnisse werden. Beim Ausrufen der Städte-