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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; bei der Post bestellt 50 Cts. mehr; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 2b Ets.
Verlag Th. Schröter, Obere Kirchgasse 25, Zürich.
^WM^l905. 7. Mm. Inhalt: Der Waldmeister.  Maßhalten im Genuß von Gewürzen,  Hauswirtschaft.  Türkische und römisch-russische Bäder im eigenen Heim.  Hausmittel und Rezepte.  FleÄenreinigung.  KochrGepte.  Briefwechsel der Abonnenten unter sich.  Litteratur.  Reklame.  Inserate.
Zer Waldmeister.
Ae einzige stoffliche Gabe, welche der unsern Geschmacksnerven bietet, ist die essenz eines lieblichen Krautes, nach der Wohlgeschmack eifrig suchen läßt um desseutwillen allein schon mancher Mai als den gesegneten Wonnemond eist. Das ist der Waldmeister, der fnig der Kräuter, der dem goldigen Weine Römer eine eigene Weihe gibt. Was will aber der Name Waldmeister , i? So köstlich Otto Roquette in seiner rautfahrt zur Prinzessin Rebenolüte den lamen gepriesen hat, daß, wenn seine Lie-er uns vor der Seele stehen, ein junger Frühlingsmut uns überkommt beim bloßen , Klänge dieses schlichten Namens  unsere ^ Ahnen haben für ihn doch fast allerorten ßinen andern gehabt. In den ersten deut-hen Kräuterbüchern, im Anfang des sechsehnten Jahrhunderts, heißt er fast immer Juri "Herzfreud". Ein sicherlich herrlicher, zutreffender Name. Und aus diesem "Nameu erhebt sich das Bild der Alten, wie sie gleich den Jungen der heutigen Zeit in gründämmeriger Laube und an sonnigen Plätzen den poetischen Frühlingswein schlürften und wie sie anstießen auf Liebe und Freundschaft und Treue und Wohlergehen. Ganz wie es heute zu geschehen pflegt, wenn Liebende beisammensitzen oder Freunde sich zusammentun, während die Maisonne am Himmel lacht und auf der Maierde alles grünt und blüht und singt und jubelt; dann erfahren die Menschen von heute es auch noch immer, warum die alten Väter den Namen "Kerzfreud" ersannen.
Das wahre Rezept zur Bereitung ist nun aber auch zunächst von diesem Geiste beseelt. Es lautet: Kaufe das Waldmeisterbündel womöglich nicht aus fremder Hand! Mache" dich selber auf nach dem hohen herrlichen Buchenwald, dessen Stämme wie eine weite hehre Säulenhalle ragen und deren
Wipfel die Sonnenstrahlen nur grünverklärt hindurchlassen. Das ist die rechte Stelle, wo zwischen moderndem vorjährigem Laube und niedrigen Waldblumen und Waldgräsern die köstliche Waldmeisterpflanze aufsprießt. In saftiges Grün getaucht, mit Blattquirlen durchweg besetzt, steigt das weithin verbreitete Kraut vom Boden auf, Stengel bei Stengel aus den überwinterten uiederliegenden Wurzelsprosseu. Und jedes Gipfelchen des Stengels ist mit zahllosen feineu Silberblüten doldig gekrönt, so daß ein weißer Blütenschleier das prächtige Grün überschimmert. Nun gilt es zu pflücken.
Die Wonne des Waldtages bringen wir von dem Ausfluge noch mit heim, und sie verschmilzt sich mit der heitern Lust, welche dann um die Bowle im fröhlichen Kreise sich entfaltet. Geraten aber wird der edle Trank ganz zweifellos. Nur will wenige Stunden das frische Kraut erst sich matt gelegen haben, um die ätherische Substanz um so freigebiger an den Weinstrom abzugeben; dann gönnt der Herr der Bowle dieser Vermählung einige Ieit^ der Zucker wird in bescheidenem Maße zugefügt, und  fertig ist alles! Doch niemand störe den Zauber und fische das eingetränkte, wie Saphir im Weingolde schwimmende Waldmeisterkraut heraus. Auch das Auge will ja seinen Teil haben, und auch sehen wollen wir bei jedem Zuge, wie beides zusammengehört. Dann die Gläser hoch und fröhlich angeklungen auf das Liebste, was wir kennen! Und der Frühling schaut selig in unsern Kreis und will seinen Segen zu solchen Stunden geben.
Ein echtes Waldkind ist das duftige Kraut, gleich der silberglöckigen Maiblume, die wir oft freundnachbarlich neben ihm treffen. Fast nirgends sonst finden wir beide in freier Natur. Aber wunderbar, wie die schlanke, waldschöne Maiblume au den Menschen liebevoll sich gewöhnt hat und auch in unsern Gärten sich's ganz gut gefallen läßt, so ist det Waldmeister nicht minder zu zie-