Dr. Hermann Alex. Müller,
Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig,
1882
Die bekanntesten Zeitgenossen auf dem Gesamtgebiet der bildenden Künste aller Länder mit Angabe ihrer Werke.
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Aiwasowski - Aizelin.
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Aigner'
und erlangte hierin einen bedeutenden Ruf. Als er aber 1848 an den
politischen Unruhen sich beteiligte und Kommandant der Wiener akademischen
Legion geworden war, wurde er verhaftet, zum Tode verurteilt und nur auf
besondere Fürsprache einflußreicher Personen begnadigt. Später bereiste er
Deutschland, Italien und Frankreich und führte ein sehr wechselvolles,
bewegtes Leben. Die bedeutendsten seiner durch charakteristische Auffassung,
kräftigen, breiten Vortrag, warmes Kolorit und bei den Damen durch
schwärmerischen Ausdruck der Augen ausgezeichneten Porträte sind: das
des Dichters Lenau, als Skizze im Irrenhaus zu Döbling gemalt (vgl.
Frankl, Zu Lenaus Biographie, Wien
1854), des Kaisers Franz Joseph und der Kaiserin Elisabeth in Lebensgröße,
der Dichter Grillparzer, Halm, Feuchtersleben, Betty Paoli, des Komponisten
Rubinstein, des Mediziners Oppolzer u. a. Für den Kaiser Maximilian von
Mejiko malte er eine Reihe von Kopien der Gemälde des Belvedere, ebenso
für den Herzog von Koburg und eine Anzahl Porträte der Stifter für das
neue Künstlerhaus in Wien.
Aiwasowski, Iwan Konstantinowitsch,
russ. Marinemaler, geb. 7. Juli 1817 zu Feodosia in der Krim, trat, da er schon in
früher Jugend ein großes Zeichentalent offenbarte, 1833 als Schüler in die Akademie zu Petersburg und
wurde, als der französische Maler Philippe Tanneur dorthin kam, dessen Schüler. Von 1837 an
machte er selbständige Studien und stellte noch in demselben Jahr mehrere Bilder aus, welche die
Aufmerksamkeit des Kaisers auf sich zogen, der ihn in den Stand setzte, längere Studienreisen
in der Krim, in Mingrelien und 1840 auch in Italien zu machen. Dort malte er in Neapel seine
ersten durchschlagenden Bilder: die neapolitanische Flotte, eine Nacht in Neapel, Wirbelwind
auf dem Mittelmeer vor dem Molo von Neapel, die Insel Capri u. a., in denen er ein
entschiedenes Talent für die Schilderung des bewegten Meers und die Mannigfaltigkeit der
Beleuchtung zeigte. Nach einigen Reisen in Holland, England und Spanien kehrte er 1844
nach ↔
Rußland zurück und malte für den Kaiser mehrere Ansichten von Punkten am Finnischen
Meerbusen. Dann ließ er sich 1845 in seiner Vaterstadt nieder und entfaltete in
Marinen und Seeschlachten, in Sonnen- und Mondbeleuchtung und Nachtstücken eine
gewaltige Produktivität, die ihn bei seiner großen Kunstfertigkeit auch zu einer
dekorativen Manier, zu Effekten von absichtlicher Seltsamkeit und zu einer grellen,
naturwidrigen Färbung brachte. In seine bessere Zeit fallen noch: einige Seestücke aus
der russischen Kriegsgeschichte (im Winterpalais zu Petersburg), eine treffliche Ansicht
von Kertsch aus dem Jahr 1846, mehrere Seeschlachten aus dem Türkenkrieg, die in Charkow
gemalte kleinrussische Steppe mit ochsenbespannten Wagen und die 1856 in Paris entstandenen
Landschaften des vierfachen Reichtums von Rußland. Zu den flüchtigen oder unwahren
Effektstücken gehören dagegen z. B.: ein Sonnenaufgang auf dem Schwarzen Meer, Sonnenuntergang
in Venedig, der Nebel auf dem Meer, die Erschaffung der Welt und die Sündflut.
Aizelin (spr. äs'läng),
Eugène, franz. Bildhauer, geb. 10. Juli 1821 zu Paris,
talentvoller Schüler von Ramey und Dumont, widmete sich vorzugsweise, der neuern Richtung
der Franzosen folgend, der Darstellung anmutiger Frauen- und Mädchengestalten in
naturalistischer Behandlung der Formen, oft mit einer gewissen Mischung von Unschuld und
von Sinnlichkeit, ohne tiefern geistigen Gehalt, aber mit großer technischer Geschicklichkeit,
schuf daneben aber auch einige Heiligengestalten für Pariser Kirchen. Zu jenen weiblichen
Gestalten gehören: Nyssia im Bad, eine Psyche mit der Lampe (Museum des Luxembourg), eine
Hebe, eine besiegte Amazone (1875) u. a. in den Museen von Montpellier und Nantes; ebenso
die Statue des Tanzes am Théâtre du Châtelet (1861), die Figur der Idylle an der Fassade
der Großen Oper, und zu den Heiligengestalten die des Cyrillus und des Gregorius in der
Kirche Ste. Trinité sowie Januarius und Honorius in der Kirche St. Roch, außerdem mehrere
Idealbüsten. 1867 wurde er Ritter der Ehrenlegion.